Zensur ging zu weit

Mark Zuckerberg ändert den Kurs – Facebook feuert Faktenchecker

Der Meta-Konzern-Boss kündigt die Abkehr vom bisherigen Moderationsmodell bei Facebook, Instagram und Threads an. Und das ist längst nicht alles.

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Die Apps Instagram, Facebook und WhatsApp auf dem Display eines Smartphones vor dem Logo des Internetkonzerns Meta. (Illustration)
Die Apps Instagram, Facebook und WhatsApp auf dem Display eines Smartphones vor dem Logo des Internetkonzerns Meta. (Illustration)Jens Büttner/dpa

Ganz große Kehrtwende beim Internetkonzern Meta aus dem Silicon Valley in Kalifornien. Der Social-Media-Gigant steuert bei seinen Diensten Facebook und Instagram komplett um. In einem aufsehenerregenden Statement gab Meta-Boss Mark Zuckerberg am Dienstag einschneidende Änderungen hinsichtlich der Moderation von Online-Inhalten bekannt. Und wie zu erwarten war, scheiden sich an den geplanten Neuerungen die Geister. Während die einen den Untergang des Abendlandes heraufziehen sehen, sprechen die anderen von einem Sieg der Meinungsfreiheit.

Worum geht es? Seit Jahren tobt ein Streit über Online-Inhalte bei Facebook und Co. Was darf man posten und was nicht? Und wer kontrolliert nach welchen Richtlinien? Bisher arbeitete der Meta-Konzern mit sogenannten Faktencheckern zusammen. Dieses Faktencheck-System band mehr oder weniger unabhängige Organisationen in zahlreichen Ländern und Sprachen ein, die Inhalte auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Dass es dabei auch zu Missbrauch kam, ist unbestritten. Und auch deshalb ändert Meta seinen Kurs – zunächst aber nur in den USA.

Mark Zuckerberg erklärte: „Wir werden zu unseren Wurzeln zurückkehren, Fehler reduzieren, unsere Regelwerke vereinfachen und die freie Meinungsäußerung auf unseren Plattformen wiederherstellen.“ Er sprach von einer „Zensur“, die zu weit gegangen sei.

Meta-Boss Mark Zuckerberg will zurück zu den Wurzeln, die User weniger bevormunden. (Archivbild)
Meta-Boss Mark Zuckerberg will zurück zu den Wurzeln, die User weniger bevormunden. (Archivbild)AP

Statt Faktencheckern will sich Meta künftig darauf verlassen, dass Nutzer selbst Bewertungen von Äußerungen abgeben. So funktioniert das auch bei Musks X. Das System für solche „Community Notes“ wird gerade aufgesetzt. Bevor es international ausgerollt wird, soll es in den USA eingeführt werden.

Elon Musk und X als Vorbilder für Mark Zuckerberg und Facebook?

Außerdem ist geplant, die Inhaltsrichtlinien zu vereinfachen und etliche Beschränkungen bei Themen wie Migration und Geschlechterfragen aufzuheben, da diese laut Zuckerberg „nicht mehr im Einklang mit der öffentlichen Meinung“ stehen. Auch die Durchsetzung der Regeln solle demnach reformiert werden: Geringfügige Verstöße würden künftig erst nach Nutzerbeschwerden geprüft, und Algorithmen sollen nur bei einer höheren Schwelle eingreifen. Zusätzlich wolle Meta politische und gesellschaftliche Themen wieder stärker in den Fokus rücken.

Zuckerberg folgt damit der Linie des Tech-Milliardärs Elon Musk, der nach der Übernahme von Twitter Einschränkungen für Äußerungen auf der Plattform weitgehend aufhob. Musks X, wie die Plattform inzwischen heißt, wird seitdem vorgeworfen, Hassrede zuzulassen. X weist das zurück.

Annäherung an Donald Trump

Zuckerbergs Vorstoß ist zugleich eine Annäherung an den zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump und dessen Republikanische Partei. Sie hatten seit Jahren behauptet, dass bei Meta und anderen Online-Plattformen „konservative Ansichten“ unterdrückt würden. Trump hatte Facebook im Wahlkampf als „Feind des Volkes“ bezeichnet und gedroht, Zuckerberg würde den Rest des Lebens im Gefängnis verbringen, wenn man zu dem Schluss komme, dass Meta in den Wahlkampf eingreife. Zuckerberg besuchte Trump nach dem Wahlsieg.

Trump sieht Metas Kurswechsel auch als seinen Verdienst. Auf die Frage, ob er glaube, dass Zuckerberg direkt auf die Drohungen reagiert habe, sagte der künftige US-Präsident bei einer Pressekonferenz: „Wahrscheinlich.“

Bundesdigitalminister wünscht sich „notwendige Maßnahmen“ gegen Meta-Konzern

Zuckerberg ist bewusst, dass die Änderungen Meta auf Konfrontationskurs mit der EU bringen, wo es ein Gesetz gegen Falschinformationen und Hassrede auf Online-Plattformen gibt.

Eine Reaktion aus Brüssel ließ dann auch nicht lange auf sich warten: Die EU-Kommission warnte den Facebook-Konzern, das Faktencheck-Programm auch in der Europäischen Union zu beenden. Das Gesetz über digitale Dienste sehe unter anderem vor, dass die Plattformen systemische Risiken wie „Desinformation oder negative Auswirkungen auf den zivilgesellschaftlichen Diskurs“ minderten, sagte der Kommissionssprecher für Digitales, Thomas Regnier.

Und der Bundesdigitalminister Volker Wissing (parteilos) drohte Meta am Rande der Technikmesse CES in Las Vegas. Er vertraue und setze darauf, dass die EU-Kommission sich das Vorgehen von Meta „genau anschaut, es streng prüft und gegebenenfalls die notwendigen Maßnahmen einleitet“. Er habe in dieser Sache schon einen Austausch mit der neuen Wettbewerbskommissarin Teresa Ribera aus Spanien. „Ich weiß, dass sie diese Fragen sehr ernst nimmt, und sie hat meine volle Unterstützung und mein Vertrauen.“

Der Meta-Chef hofft bei der Auseinandersetzung mit der EU allerdings auch auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump, um Druck gegen die Regeln zu machen, die er als „institutionalisierte Zensur“ bezeichnete. Der Konzern stellte aber gleichzeitig klar, dass man keine „unmittelbaren Pläne“ habe, die Faktenchecker hierzulande abzuschaffen.

Zu Meta gehören neben Facebook auch die Foto- und Videoplattform Instagram, die Chatdienste WhatsApp und Messenger sowie die X-Alternative Threads.