Iran-Präsident Raisi

Hubschrauber-Absturz: Der „Schlächter von Teheran“ ist tot

Auch der Außenminister stirbt bei dem Unglück. Rettungsteams bergen verkohlte Leichen von der Absturzstelle. 

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Rettungsteams bergen die Leichen aus den Trümmern des abgestürzten Helikopters.
Rettungsteams bergen die Leichen aus den Trümmern des abgestürzten Helikopters.Azin Haghighi/Moj News Agency/AP

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi und sein Außenminister Hussein Amirabdollahian sind beim Absturz ihres Hubschraubers im Iran ums Leben gekommen. Keiner der neun Insassen habe überlebt, berichtetet die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Die Leichen der Opfer sind nach Angaben des iranischen Roten Halbmondes vom Unglücksort geborgen worden. Zur Ursache des Absturzes gab es zunächst keine offiziellen Informationen.

Iran-Präsident Ebrahim Raisi kam bei dem Absturz ums Leben.
Iran-Präsident Ebrahim Raisi kam bei dem Absturz ums Leben.Vahid Salemi/AP

Raisis Helikopter verschwand bei dichtem Nebel vom Radar

Raisi war zusammen mit Außenminister Amirabdollahian auf der Rückreise von einem Treffen mit dem Präsidenten Aserbaidschans, Ilham Aliyev, als ihre Maschine bei dichtem Nebel vom Radar verschwand. Gemeinsam hatten sie im Nachbarland einen Staudamm eingeweiht. Mit drei Hubschraubern machte sich der Tross danach auf den Rückweg gen Iran, doch die Präsidentenmaschine kam nie an.

Daraufhin entbrannten Spekulationen, ob der Absturz auf schlechtes Wetter, einen technischen Defekt am Hubschrauber oder gar Sabotage zurückzuführen sei. Klarheit darüber gab es bis zum Montag nicht. Irans Luftwaffe gilt als stark veraltet, ihre Modernisierung kommt angesichts scharfer internationaler Sanktionen kaum voran, Ersatzteile sind schwer zu beschaffen. Viele Flugzeuge und Helikopter stammen noch aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979, als das Land enge Beziehungen zu den USA unterhielt. Immer wieder kommt es zu folgenschweren Unfällen und Abstürzen.

Stundenlang suchten Rettungskräfte nach der Absturzstelle

Stundenlang suchten Rettungskräfte bei strömendem Regen, Nebel und in schwierigem Terrain nach der Absturzstelle, ehe sie die Trümmer des Helikopters am frühen Morgen an einem Hang entdeckten. Iranische Medien zeigten Bilder eines völlig ausgebrannten Wracks. Irans erster Vizepräsident, Mohammed Mochber, leitete eine Notsitzung des Kabinetts. Das Protokoll sieht vor, dass der erste Vizepräsident nach dem Tod des Präsidenten die Amtsgeschäfte als Regierungschef weiterführt. Laut der Verfassung müssen dann innerhalb von 50 Tagen Neuwahlen stattfinden.

Das Unglück dürfte die Islamische Republik in eine politische Krise stürzen. Mangels Alternativen dürfte sich die Suche nach einem langfristigen Nachfolger für Raisi schwierig gestalten. Und insbesondere Amirabdollahian war als Außenminister seit Beginn des Gazakriegs verstärkt in die Öffentlichkeit gerückt und hatte zahlreiche Reisen zu Verbündeten unternommen.

Von der Unglücksstelle wurden die bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Leichen der Absturz-Opfer abtransportiert.
Von der Unglücksstelle wurden die bis zur Unkenntlichkeit verbrannten Leichen der Absturz-Opfer abtransportiert.Iranian Red Crescent/AFP

Auch Schadenfreude über Tod des „Schlächters von Teheran“

Während Regierungsanhänger um die Staatsmänner trauerten, brachten zahlreiche Iranerinnen und Iraner in sozialen Medien ihre Schadenfreude über den Hubschrauberabsturz zum Ausdruck. Raisis Regierung steht seit vielen Jahren wegen ihrer erzkonservativen Wertvorstellungen, der Unterdrückung von Bürgerrechten und der schweren Wirtschaftskrise im Iran in der Kritik.

Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei versicherte, dass die Regierungsgeschäfte in keinem Fall beeinträchtigt würden. „Es wird keine Unterbrechung der Aktivitäten des Landes geben“, zitierte ihn die Staatsagentur Irna.

Raisi war im August 2021 als neuer Präsident vereidigt worden. Der erzkonservative Kleriker wurde damit offiziell Nachfolger von Hassan Ruhani, der nach zwei Amtsperioden nicht mehr antreten durfte. Als Spitzenkandidat der politischen Hardliner sowie Wunschkandidat und Protegé des Religionsführers Chamenei hatte Raisi die Präsidentenwahl mit knapp 62 Prozent der Stimmen gewonnen.

Eine Drohne lieferte diese Aufnahme von den Trümmern an der Absturzstelle.
Eine Drohne lieferte diese Aufnahme von den Trümmern an der Absturzstelle.ABACAPRESS/Imago

Regionaler Krieg mit dem Erzfeind Israel droht

Der Iran stand zuletzt verstärkt in den Schlagzeilen, auch weil ein regionaler Krieg mit dem Erzfeind Israel zu drohen schien. Während Raisis Amtszeit vertiefte die Islamische Republik ihre wirtschaftliche und militärische Kooperation mit China und Russland, die Beziehung zum Westen kühlte unter anderem wegen des Streits über das iranische Atomprogramm ab. Außerdem warf der Westen der Führung in Teheran schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen vor. Trotzdem gab es erst vor wenigen Tagen wieder Berichte über neue, indirekte Gespräche mit den USA im Golfstaat Oman.

Raisi wurde 1960 in Maschhad geboren und war über drei Jahrzehnte in der zentralen Justizbehörde des Landes tätig. 2019 wurde er zum Justizchef ernannt. In seiner früheren Funktion als Staatsanwalt soll er im Jahr 1988 für zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen politischer Dissidenten verantwortlich gewesen sein, weshalb seine Gegner ihm den Beinamen „Schlächter von Teheran“ verpassten.

Iran-Präsident Ebrahim Raisi reiste regelmäßig mit dem Helikopter.
Iran-Präsident Ebrahim Raisi reiste regelmäßig mit dem Helikopter.Iranian Presidency/ZUMA Press/dpa

Kritik der jungen Generation an der Islamischen Republik

Experten hatten Raisi zwischenzeitlich auch als möglichen Nachfolger für Chamenei gehandelt, der im April 85 Jahre alt wurde. Auch wenn sich die Kritik der jungen Generation inzwischen immer mehr gegen das gesamte System der Islamischen Republik richtet, stand Raisi innenpolitisch besonders unter Druck. Zuletzt trieb die Regierung ihren umstrittenen Kurs bei der Verfolgung des Kopftuchzwangs voran und brachte damit Teile der Bevölkerung noch mehr gegen sich auf.

Sollte das Präsidentenamt neu besetzt werden müssen, dürfte in Teheran ein heftiger Machtkampf ausbrechen, schrieb der Iran-Experte Arash Azizi in einer Analyse für die US-Zeitschrift The Atlantic. Raisis Passivität habe Herausforderer unter den Hardlinern ermutigt. Sie würden seine schwache Präsidentschaft als Chance sehen, schrieb Azizi. „Der Tod von Raisi würde das Machtgleichgewicht zwischen den Fraktionen innerhalb der Islamischen Republik verändern.“