Sie wollen helfen, heilen, pflegen – und dabei wird ihnen das Leben immer schwerer gemacht. Beschäftigte in Arztpraxen haben zunehmend mit einem besorgniserregenden Problem zu kämpfen – die zunehmende Gewalt gegen sie!
Fast die Hälfte der in Arztpraxen Beschäftigten war bereits Angriffen ausgesetzt. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kommt eine am Freitag veröffentlichte Online-Umfrage der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Befragt wurden vor allem Ärzte sowie medizinische Fachangestellte. 43 Prozent der rund 7500 Befragten gaben an, in den vergangenen fünf Jahren schon einmal selbst physisch angegriffen oder bedroht worden zu sein.
Allein im vergangenen Jahr 2023 sind 60 Prozent von ihnen schon einmal Opfer geworden. Aber nur ein Viertel der schon einmal Angegriffenen oder Bedrohten ergriff weitere Schritte: riefen die Polizei oder erstatteten Anzeige. 48 Prozent der Befragten finden zudem, dass die körperliche Gewalt in den Praxen in den vergangenen fünf Jahren gestiegen sei.
Manche Arztpraxen schaffen Fluchtwege für Angestellte
Ein Problem ist auch die verbale Gewalt: 80 Prozent der Befragten haben solche Angriffe im vergangenen Jahr erlebt. Viele Praxen haben laut Umfrage deshalb schon Notfallknöpfe installiert, durch Umbauten Fluchtwege geschaffen oder halten Pfefferspray griffbereit.
„Die Verrohung der Sitten ist erschreckend“, kommentierte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, die Ergebnisse. „Ein gesamtgesellschaftlicher Werteverfall trifft auf ein überlastetes und kaputt gespartes Gesundheitssystem.“ Gassen fügte hinzu: „Außerdem wecken Politik und Krankenkassen zu hohe Ansprüche nach dem Motto ‚Geht zum Arzt, da bekommt ihr alles und das sofort‘.“
Das Bundesjustizministerium arbeitet zurzeit an einer Verschärfung des Strafrechts zum Schutz von Rettungskräften. Hintergrund sind vermehrte Übergriffe auf haupt- und ehrenamtliche Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten in den vergangenen Jahren.