Mensch, Berlin wo haste dein Herz gelassen?
In der Siedlung Am Steinberg soll ein 84-Jähriger aus seinem Haus raus. Wie herzlos kann ein Vermieter sein?
Ein Viertel wird saniert, die alten Mieter, die entweder die sich vervierfachenden Mietkosten nicht mehr tragen können oder nicht mehr in die Gegend passen, werden hinausgedrängt. Gentrifizierung nennt man das, was seit Jahren in allen Ecken Berlins passiert – seit 13 Jahren in der Siedlung Am Steinberg in Reinickendorf.
Die Mieter hier sind meist hochbetagt, viele Familien leben schon seit Generationen hier, Eltern und Großeltern beackerten die nun so heiß begehrten Gärten, auf die die Investoren lauern.
Nun haben sich die Vermieter der kleinen, alten Häuser auf „Manne“ eingeschossen. Auch er ist alt und gebeugt wie das Haus in dem er geboren wurde. Das Haus, aus dem Manfred Moslehner nun ausziehen soll. Das Mietverhältnis mit dem Greis sei der Vermieterin unzumutbar geworden, heißt es in einem der Kündigungs-Schreiben. Unzumutbar ist vielmehr die Skrupellosigkeit, mit der hier Geld verdient werden soll.
Gewinnmarge schlägt Menschlichkeit
Jedem, der den Unterschied zwischen den bereits neu sanierten Häusern in Kleinkleckersdorf und den baufälligen, alten sieht ist klar, wie groß die Gewinnmarge wird. Und doch ist es erschütternd, wie sehr das Profitstreben hier jede Menschlichkeit schlägt.
Wie eiskalt muss man sein, einen 84-Jährigen mit Kündigungsschreiben, Drohkulisse und zermürbender Vehemenz zu traktieren? Wo soll ein Greis mit kleiner Rente hin, der keine Verwandten hat, die sich kümmern? In eine Sozialwohnung am Stadtrand? Ins Heim, auf die Straße?
Gewinn machen muss immer auch schnell gehen, Zeit ist Geld. Doch auch Manfreds Zeit ist endlich. Ihn mit allem was die Menschlichkeit gebietet, seinen Lebensabend im gewohnten Umfeld verbringen zu lassen, das passt nicht zur Agenda der Gewinnmaximierer.
Zum Glück steht Manfred nicht allein. Manfred Moslehners Nachbarn stärken ihm den Rücken, demonstrieren für einen von ihnen. Wo auf der einen Seite kalte Berechnung den Takt vorgibt, antworten sie mit Herzlichkeit und Zusammenhalt.
Nur eine Stadt, die die Schwächsten nicht fallen lässt, bleibt auch eine lebenswerte Stadt für alle. Für jeden Gentrifizierungs-Gewinner gibt es auch einen Verlierer, es lohnt für sie einzustehen, für Manne und für all die anderen.