Prozess

Schwarzfahrer schlugen um sich – Ticket-Kontrolleur verliert Augenlicht

Als sie einen Fahrschein vorzeigen sollten, schlugen wurden Mohammad A. (24) und seine Frau Israa M. zu.

Author - Berliner KURIER
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Mohammad A. (24) und seine Frau Israa M. (22) mit ihren Anwälten.
Mohammad A. (24) und seine Frau Israa M. (22) mit ihren Anwälten.KE.

Als Schwarzfahrer erwischt, dann zugeschlagen: Ein Kontrolleur verlor ein Augenlicht beim Handgemenge mit Mohammad A. (24) und seiner Frau Israa M. (22).

Das Paar aus Spandau nun vor Gericht – als Brutalo-Fahrgäste. Schweigend hören sie die Anklage, wollen eigentlich nichts sagen. Als Opfer Ekon B. (47, Name geändert) aussagt, heult A. los: „Es tut mir so leid wegen deines Auges.“ Ekon B. fassungslos: „Ich habe nur meine Arbeit gemacht und jemand vernichtet mein Leben.“

Der 18. August 2022. Gegen 17 Uhr eine Ticket-Kontrolle in der Buslinie M29. A. kann keine Fahrkarte vorweisen, soll als Schwarzfahrer an der nächsten Haltestelle mit den Kontrolleuren aussteigen. Die Personalien sollen aufgenommen werden. A. habe sich aber geweigert.

Erst ein Streitgespräch. Dann wurde es handgreiflich. Die Staatsanwältin: „Die Angeklagten fassten den Entschluss, sich unter Anwendung von Gewalt dem erhöhten Beförderungsentgelt des A. zu entziehen.“ 60 Euro wären fällig geworden.

Kein Ticket – Frau attackiert Kontrolleur mit Reizgas

Mohammad A. versuchte laut Anklage zu fliehen – die Kontrolleure hätten ihn festgehalten. Ekon B.: „Er schlug mich, versetzte mir Tritte, die Frau schlug auch mit einer Handtasche zu und sprühte mir etwas ins Gesicht, wohl Reizgas.“ Seit 2017 ist B. als Kontrolleur in Bussen und Bahnen unterwegs – „so etwas habe ich noch nicht erlebt“.

Ekon B. hat vier Kinder, drei von ihnen leben bei der Mutter in Nigeria. Er schickt ihnen regelmäßig Geld. Zur Geburt seines jüngsten Kindes wollte er zu Hause sein – „aber ich konnte nicht, hatte diese Verletzung, bin seitdem auf dem rechten Auge blind“.

Die Richterin: „Schlugen beide Angeklagten?“ Ex-Kontrolleur B., der nun als Helfer im Büro arbeitet: „Ja, von rechts und links.“ Und er sei wegen seiner Hautfarbe rassistisch beleidigt worden, voller Hass.

Opfer B. fragt sich bis heute immer wieder: „Was habe ich falsch gemacht?“ Schwerbeschädigt seitdem, 70 Prozent. B.: „Mein Leben hat sich dramatisch verändert.“

Mohammad A. stand damals unter Bewährung. Ihm droht nun Knast. Fortsetzung: 16. September. KE.