Messer-Opfer widerruft

Irre Wende im Prozess: Steht dieser Angeklagte zu Unrecht vor Gericht?

Berlinerin überlebte mit neun Stichen. Erst beschuldigte sie ihren Ex, jetzt will sie davon nichts mehr wissen.

Teilen
Der Angeklagte Erdal K. (41) 

steht seit Montag wegen Mordversuchs in Berlin vor Gericht. Zu Unrecht?
Der Angeklagte Erdal K. (41) steht seit Montag wegen Mordversuchs in Berlin vor Gericht. Zu Unrecht?Pressefoto Wagner

Mit letzter Kraft schleppte sie sich in einen Lagerraum, überlebte neun Stiche nur knapp. Der Ex war es, sagte sie damals. Nun eine Kehrtwende: „Ich habe keinen Verdacht.“

Erdal K. (41) vor Gericht. Von einem versuchten Mord geht der Staatsanwalt aus: Aus einem „übersteigerten Ehrgefühl“ heraus habe sich K. für die Trennung rächen wollen, die von Tuba A. (36) ausgegangen sei. Er schweigt im Prozess, sie will ihn rausboxen.

15 Jahre waren sie ein Paar, haben vier gemeinsame Kinder. Sie soll sich im Oktober getrennt haben. Einen Monat später der Messerangriff in der Ritterstraße in Kreuzberg. Tuba A. hatte das Haus verlassen, um Brot zu kaufen. K. soll sie verfolgt haben.

Messer-Opfer legt sich mit dem Richter an

Der 25. November. Gegen 13.45 Uhr soll K. seine Ex angesprochen haben. Erst wüste Beschimpfungen, dann eine Drohung: „Du wirst sehen, was ich mit dir mache!“ Kurz darauf der Angriff. K. soll sie zu Boden gebracht, dann immer wieder mit einem Butterfly-Messer zugestochen haben.

Die Klinge ging in Brust und Bauch, in die Seite, in den linken Oberschenkel. Als Tuba A. blutüberströmt auf dem Gehweg lag, floh der Angreifer. Sie schwebte in akuter Lebensgefahr, konnte nur durch eine Not-OP gerettet werden.

Gegenüber Ärzten und Polizisten die klare Aussage: „Es war mein Ex. Ich sah, wie er das Messer in der Hand hatte, die Klinge zeigt zu mir.“ Sie sprach damals von großer Angst. Er wurde noch am Tattag in einer Wohnung festgenommen, sitzt seitdem in U-Haft.

Was sie damals sagte, ist angeblich nicht wahr: „Ich konnte das Gesicht des Angreifers nicht sehen.“ Und K. sei doch so ein guter Vater. Der Richter: „Ich habe den Eindruck, sie lügen.“ Sie patzig: „Ich sage hier die Wahrheit.“ Und ihre Angaben bei der Polizei? „Wenn es ein Missverständnis gab, will ich das jetzt wiedergutmachen.“ Fortsetzung: 23. Mai. ■