Fünf Jahre mussten vergehen, bis dieser brutale Fall endlich vor Gericht landet! Am Mittwoch begann vor dem Berliner Landgericht ein Prozess, der zeigt, wie zäh sich die Mühlen der Justiz manchmal drehen. Es geht um eine blutige Attacke mitten in Neukölln – Clan gegen Clan, Tschetschenen gegen Remmos.
Am 7. November 2020 stürmte ein Trupp kräftiger Männer aus Tschetschenien einen Spätkauf an der Wildenbruchstraße – das Geschäft soll vom arabischen Remmo-Clan betrieben worden sein. Laut Anklage flogen Stühle, Stöcke, Reizgas – sogar Wasserpfeifen wurden zu Waffen. Einer der Angegriffenen blieb bewusstlos auf der Straße liegen, drei Clan-Mitglieder wurden verletzt. Einer erlitt eine Gehirnerschütterung, einer eine Platzwunde im Gesicht, der dritte mehrere Knochenbrüche. Die Täter flüchteten, sechs wurden später gefasst.
Streit um Drogen und Schutzgeld
Hintergrund: Streit um Drogen und Schutzgeld. Nur einen Tag später folgte die Rache. Etwa 20 Araber lauerten am Bahnhof Gesundbrunnen zwei Tschetschenen auf – Messer, Schlagstöcke, Blut. Einem Mann wurde ein Messer in den Rücken gerammt. Laut Ermittlern waren die Opfer gar nicht die eigentlichen Angreifer. „Zufallsopfer“, hieß es. Danach tauchte im Netz ein Video eines angeblichen Friedensgesprächs auf – mit Boxweltmeister Mahmoud Charr als Vermittler.
Von einem regelrechten Bandenkrieg war damals die Rede. Das BKA warnte vor „hochgefährlichen tschetschenischen Gruppen“. Viele von ihnen, geprägt von den Kriegen im Kaukasus, gelten als kampferfahren und skrupellos. Immer wieder kam es zu Schießereien in Berlin – etwa im Märkischen Viertel, wo in den Jahren 2018 und 2019 Kugeln flogen. Schon 2017 wurde ein Café mit einer Maschinenpistole beschossen, weil ein Drogendeal geplatzt war.
Das Landeskriminalamt schrieb später, tschetschenische Banden seien längst nicht mehr nur „kriminelle Dienstleister“, sondern bauten eigene Netzwerke und Geschäfte auf – europaweit vernetzt, brutal, mobil. So kamen auch am Tattag viele der Schläger extra aus Dresden und Potsdam nach Berlin.
LKA warnt vor Tschetschenen
Und nun, fünf Jahre später, sitzen drei von ihnen endlich auf der Anklagebank. Der Prozess startete mit Verspätung – einige Verteidiger steckten im Stau. Drei Angeklagte erschienen, zwei sind untergetaucht, einer kämpft laut seinem Anwalt „in der Ukraine für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“.
Der Richter reagierte: Haftbefehle! Die Abwesenden sollen gefasst werden. Auf der Anklagebank sitzen: Said-Emin A. (22), Ihvan K. (26) und Irishkan K. (24) – alle aus Tschetschenien, alle inzwischen in Dresden gemeldet. Von gefährlichen Schlägern keine Spur: gepflegte Erscheinung, Vollbärte, kleine Designer-Taschen quer über die Schulter. Übersetzerin nötig. Sie schweigen.
Warum das alles so lange dauerte? Keine Ahnung. Die Staatsanwältin weiß es nicht. „Ich bin nur Vertreterin“, sagt sie. Auch das Gericht kann nichts Genaues sagen. „Bei uns lag die Anklage jedenfalls nicht lange“, erklärt eine Sprecherin.
Die Anklage – erhoben schon im Oktober 2024 – lautet auf schweren Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung. Doch wer hat was getan? Nach fünf Jahren ist das kaum noch zu rekonstruieren.