Betrugsprozess gestartet

Aus Spielsucht! IT-Chef der DRK-Kliniken zockte 1,6 Millionen Euro ab

Früher war er ein Senkrechtstarter, dann wurde er zu gierig. Jetzt steht der IT-Chef als Betrüger vor Gericht.

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Der angeklagte IT-Chef Daniel S. steht neben seinem Verteidiger vor Gericht.
Der angeklagte IT-Chef Daniel S. steht neben seinem Verteidiger vor Gericht.Pressefoto Wagner

Ein Senkrechtstarter, der dann zu gierig wurde: Als leitender IT-Mitarbeiter der DRK-Kliniken Berlin zockte Daniel S. (32) rund 1,6 Millionen Euro ab. Als Betrüger steht er nun vor Gericht, jammerte: „Ich bin in eine Spirale reingerutscht. Ich war den Börsen und Kursen verfallen.“

Nie habe er andere Existenzen ruinieren wollen. Doch er nahm schamlos Familie, Freunde, Kollegen aus, lieh sich mit windigen Geschichten Geld, bediente sich dann an einem Geschäftskonto. 2017 hatte der blonde Mann aus dem Alten Land an der Elbe westlich von Hamburg bei den DRK-Kliniken begonnen. Nur zwei Jahre später die Beförderung: IT-Bereichsleiter. Daniel S.: „Ich habe immer versucht, IT-Technik mit Medizintechnik zu verknüpfen.“

Sein Gehalt stattlich: Monatlich etwa 8000 Euro netto plus Boni. Daniel S.: „Es ging mir gut dort.“ Er teilte sich mit einem Kollegen eine Wohnung in Berlin-Charlottenburg. S.: „Ich wollte nie Millionär werden.“ Doch ab 2020 habe er ein Parallelleben geführt und gehofft, „den großen Coup zu landen“. Im dunklen Anzug, das Haar exakt gescheitelt, saß er vor dem Richter. Immer wieder weinend. Seine Adoptivmutter (68) allerdings nahm ihm die Verzweiflung wohl nicht ab.

IT-Chef kamen immer wieder die Tränen

Sie vor der Saaltür: „Die Gier war größer als die Bindung zu Familie und Freunden. Er hat uns um unser Grundstück und unser Haus gebracht.“ Er habe alles verzockt, sie sei jetzt „im Prinzip obdachlos“. Ein Mann, der andere für sich einnehmen kann. Daniel S.: „Ich habe eine freundliche und offene Art.“ Sein Abstieg habe 2020 begonnen – während der Pandemie. Der IT-Experte: „Damals habe ich überlegt, dass es schön wäre, nebenbei als DJ zu arbeiten.“

Aus dem Gedanken an Musik sei aber nichts geworden: „Ich habe dann die Börse ins Auge gefasst.“ Anfangs ohne Schulden: „Ich habe mein Geld gesetzt, es lief erst gut.“ Er habe nach Möglichkeiten gesucht, höhere Beträge zu setzten – „ich habe versucht, den Hebel zu finden“. Kredite habe er aufgenommen – „bei meiner Bonität ging es leicht“. Bis zu fünf Kredite gleichzeitig habe er bedienen müssen. Von Spielsucht sprach er nun.

S.: „Ich konnte die Finger nicht davon lassen, habe mir bis zum letzten Tag eingeredet, ich könnte alles zurückgewinnen.“ Gegenüber Freunden und der Familie habe er nicht über das Spekulieren gesprochen. Schließlich erfand er Geschichten, um sich Geld von ihnen zu leihen. Familie, Freunde, Nachbarn, Kollegen täuschte er. Mit Lügen – Geld für ein tolles Projekt oder für eine Erbschaftssteuer. S.: „Sie ließen mir große Summen zukommen.“

Freund des IT-Chefs forderte 600.000 Euro zurück

Im Herbst 2023 geriet sein Lügenkonstrukt ins Wanken. Ein Freund forderte rund 600.000 Euro zurück, die er selbst für sein Haus brauchte. Der Betrüger jammerte nun: „Ich sah keinen Ausweg mehr.“ Am 3. November setzte er sich im Büro an den Rechner, beschaffte sich als IT-Chef das Passwort einer Mitarbeiterin des Rechnungswesens und überwies sich insgesamt 1,6 Millionen Euro. 990.510 Euro davon soll er in Tranchen an sieben andere Menschen weitergeleitet haben – „um Schulden zu begleichen“, so der Betrüger.

Drei Tage später flog der Schwindel auf. S. kam für zweieinhalb Monate in U-Haft. Die Adoptivmutter: „Ich habe kein Mitleid mit ihm. Er hätte sich jederzeit Hilfe holen können, als er merkte, dass es aus dem Ruder läuft, er hat sich selbst in die Situation gebracht.“ Urteil: Donnerstag. ■