Jede Zeit hat ihre Wörter. Einst wurde man als Ostdeutscher recht komisch angeschaut, wenn man erklärte, dass alles, was man toll findet, richtig „fetzt“. In manchen Situationen wurde noch das Wort „urst“ nachgeschoben, wenn mit Nachdruck bekundet werden sollte, dass man etwas ganz besonders großartig fand.
Die Wortschöpfungen in der DDR gingen so weit, dass man beispielsweise zum Brat- oder Grillhähnchen Broiler sagte. Doch während früher ein Broiler noch fetzte, wenn man ihn aß, ist er heute plötzlich „ikonisch“. Das Schlimme ist, dass in unserer derzeitigen Sprachwelt alles irgendwie ikonisch zu sein scheint. Und das „triggert“ mich ganz schön an, wie man ja nun ebenfalls so herrlich auf Neudeutsch sagt.
Die überhäufte Verwendung des Wortes ikonisch im Alltag nervt mich in der Tat tierisch. Wie sehr, wurde mir neulich beim Zubereiten eines Hähnchenbrustfilets bewusst. Da fragte ich mich zunächst, warum man in aller Welt damals im Osten Brathähnchen offiziell als Broiler bezeichnete.
Zumal die Wortschöpfung von der englischen Redewendung „to broil“ für „grillen/braten“ abstammt und englische Begriffe in der DDR oft verpönt waren. Ich erinnere nur an das „Yeah, yeah, yeah“ der Beatles, das in den 60er-Jahre dem Staatschef Walter Ulbricht so gar nicht schmeckte.
Um nun herauszufinden, was es mit der Broiler-Herkunft im Osten auf sich hat, schaute ich nach dem Hähnchenbrustzubereiten ins Internet und suchte auf einer Seite über DDR-Begriffe nach. Da platzte mir doch echt der Kragen, was ich da lesen musste.

Ikonischer Broiler – ist das DDR-Hähnchen etwa heilig?
Da stand doch wirklich, dass in der Sprachwelt der Ostdeutschen der Broiler ikonisch sei, genau „wie das ikonische Sandmännchen oder Ampelmännchen“. Oh, mein Gott: Wenn ich das Adjektiv „ikonisch“ auf seinen Stamm reduziere, fällt mir sofort das Wort „Ikonen“ ein, das in meiner Welt erst einmal für die Heiligenbilder der orthodoxen Kirche in Russland, Georgien, Bulgarien oder Griechenland steht. Was zum Kuckuck noch mal ist denn nun an einem Broiler heilig?
Eigentlich gar nichts, sagte da mein Sohn, der meinen Unmut bemerkte und für dessen Generation „ikonisch“ zum wahren Modewort geworden ist. Man liest und vernimmt es ja auch wirklich überall. Beispiele gefällig: Wird über einen Regisseur geschrieben, spricht man gleich von seinem ikonischen Film, der ein wahres Meisterwerk ist. Oder wenn ein Musiker einen Ohrwurm komponiert hat, heißt es gleich, dass diese Melodie des Liedes für jedermann total ikonisch sei.

Mein Sohn erklärte, es ist doch klar, dass man mit diesem Wort umschreibt, dass die Werke legendär, kultig, berühmt oder sehr bekannt sind. Aber warum schreibt man das nicht auch so und erklärt stattdessen auch noch einen Broiler als ikonisches Geflügel? Das triggert. Und auch diese Redewendung bekommt man nun überall und nirgends zu hören!
Vielleicht nutzen sich diese Modewörter der heutigen Zeit genauso eines Tages ab, wie das „fetzt“ aus meiner DDR-Jugend. Ob sich damals die Generation meiner Eltern davon auch so genervt fühlte? Oder sich einfach genauso wie ich mich darüber amüsierte, wenn Benny in den Olsenbanden-Filmen sagte: „Das fetzt ein, Egon!“
Ehrlich gesagt, habe ich schon lange nicht mehr gehört, dass irgendetwas fetzt. Ich selbst habe das Wort auch ewig nicht mehr benutzt. Vielleicht ist es mir einfach nur zu ikonisch!