Mit Kampagnen ist es ja so eine Sache. Ich persönlich entwickele oft eine skeptische Abwehrhaltung, wenn mir jemand partout etwas aufs Auge drücken will. Sei es eine Meinung, sei es ein Verkaufsangebot - zu heiß und energisch angepriesen schürt es eher Misstrauen, als meine Zustimmung zu erhalten. Die Erziehung seiner Bürger gehört definitiv nicht zu den Aufgaben des Staates.
Nun will der Senat also eine Kampagne für ein besseres Miteinander im Straßenverkehr initiieren. Ich sehe schon den erhobenen Zeigefinger, auch wenn die Aussage im Grunde ja richtig ist. Berlin kann viel mehr Miteinander gebrauchen, im Straßenverkehr aber auch sonst überall, wo sich Menschen begegnen.
Dass aber eine Kampagne mit Radiospots und Plakaten wirklich helfen kann, bezweifele ich. Bisher sind mir in letzter Zeit an den Bushaltestellen zwei Kampagnen des Senats aufgefallen: die der Landesantidiskriminierungsstelle, die auf Plakaten diskriminierten Menschen ein Gesicht gibt. Und die des Bausenators, der mit KI-generierten Gesichtern für die Akzeptanz von Neubauten wirbt. Puh, denke ich da so manches Mal, lasst lieber Taten sprechen, als Hunderttausende für schöne Worte auszugeben.
Hunderttausende Euro für schöne Worte
Wenn die Ampel auf dem Schulweg meiner Kinder seit Wochen kaputt ist, muss man sich über mein energisches Vorgehen gegenüber schnellen Autofahrern auf der Kreuzung nicht wundern. Wenn still stehende Dauerbaustellen Radweg-Verschwenkungen auf die Straße nötig machen, klingen mahnende Worte, die mehr Miteinander fordern wie Hohn in den Ohren.
Wo Straßenland umgestaltet wird und Platz neu an die Verkehrsteilnehmer vergeben wird, wo Klimakleber Staus provozieren und wo ständig neue Regelungen auf den Bürger einprasseln, der noch damit zu tun hat, die politische Großwetterlage zu verdauen, da gehen Kampagnen schnell mal unter. Bestenfalls.
Im worst case vergrößern sie den Nerv-Faktor bloß noch. Vor allem wenn sie deutlich wenig mit der Lebenswirklichkeit des gehetzten Paketboten, dem Handwerker auf dem Weg zum Bau oder der Mutti auf dem Weg zur Schule zu tun haben. Wie wäre es denn mit regelmäßigen Kampagnen, die Erfolge und Erreichtes in der Stadt aufzeigen, Dinge die besser geworden sind. Diese zu organisieren, dafür wurde der Senat schließlich gewählt.