Spannende Relikte aus der DDR: So erkunden Sie die Berliner Mauer am Küchentisch
Unsere Autorin begibt sich auf die Spuren der Berliner Mauer, digital, von zu Hause aus.

Ein beschriftetes Häkeltaschentuch der Nationalen Volksarmee, ein blaues Faltboot, mit dem Kurt Rick seine waghalsige Flucht über die Ostsee in den Westen gelang, ein Wasserkessel aus einem abgerissenen Haus an der Bernauer Straße, die großen schweren Schlüssel der dort gesprengten Versöhnungskirche: In einer jetzt online zugänglichen Sammlung der Stiftung Berliner Mauer finden sich Schätze aus der Vergangenheit Berlins als geteilte Stadt. Es lohnt sich, dort einmal zu stöbern. Durch Berliner Geschichte kann man sich sehr bequem vom heimischen Sofa oder Küchentisch aus klicken.
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10 000 digitalisierte Exponate sind in der neuen Online-Sammlung zu sehen. Darunter etwa eine Souvenirblechdose, in der der „letzte Atem des Kommunismus“ konserviert ist. Na, ob ihm wirklich schon ganz die Puste ausgegangen ist?
Oder dort: ein Zettel mit einer heimlichen Botschaft eines DDR-Grenzsoldaten, darauf die Bitte um Zigaretten. „Wir haben 10 DM-West.“ Aus West-Berlin kommt prompt eine Antwort: „Teilt euch die Zigaretten gut ein, die Anderen wollen auch immer welche haben und wir sind leider keine Kapitalisten!!! (Verbrennen)“
Es macht Spaß, sich von den gesammelten Objekten überraschen zu lassen. Die Geschichten dahinter sind oft anrührend, manchmal traurig, einige aber auch zum Schmunzeln. Bunt angemalte Mauerstücke, wie sie hier zu sehen sind, haben wir auch noch im Keller. Als die Mauer fiel, hämmerten wir sie wie so viele eigenhändig heraus und wussten: das ist historisch.
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Zugang zur Sammlung über die Mauer für alle
„Wir holen damit Objekte aus den Schubladen und präsentieren sie. So ermöglichen wir unterschiedlichsten Gruppen von Menschen einen individuellen Zugang“, erklärte Stiftungsdirektor Axel Klausmeier. Zum Bestand zählen neben Alltagsgegenständen unter anderen historische Fotos, Originalobjekte, Pläne und Ansichtskarten sowie weitere Dokumente und archivierte Materialien. „Wir wollen mit Hilfe der Objekte zeigen, was die Mauer mit den Menschen gemacht hat“, so Klausmeier.

Zu jedem der Exponate gibt es einen kleinen Erklärtext. Diesen etwa zu einem blauen Faltboot: „Mit diesem DDR-Faltboot floh im Herbst 1963 der junge Ingenieur Kurt Rick in zwei Nächten über die Stralsunder Bucht und die Ostsee in den Westen. Nur mit einem Transistorradio für den Seefunk, einem Taucherkompass und seinen Berufsdokumenten überquerte allein und heimlich die 35 Kilometer auf offener See bis nach Kellenhusen in Schleswig-Holstein. Das Boot diente es seiner Familie in Nordrhein-Westfalen später weiterhin als Freizeitgerät.“

Nutzer können zu den Sammelstücken und deren Beschreibung einen Kommentar abgeben und so mit der Stiftung in den Dialog treten, hieß es bei der Vorstellung. Gut möglich, dass der ein oder andere Nutzer noch mehr über die Ausstellungsstücke weiß und mit seiner Geschichte Historie greifbarer macht.
„Die Menschen sind eingeladen, sich die Objekte auszusuchen, über die sie mehr erfahren möchten“, erklärte der Stiftungsdirektor. Der Kurator der Sammlungen, Manfred Wichmann, ergänzte: „Viele der Objekte sind verbunden mit persönlichen Erlebnissen und machen so Geschichte anschaulich.“ Ihre Vielfalt und Authentizität verdeutliche zudem die Komplexität der Teilungsgeschichte.

Die Sammlung Online ermöglicht auch einen Blick in die aktive Sammlungsarbeit der Stiftung Berliner Mauer. Die Sammlung wächst um ungefähr 1.000 Objekte pro Jahr. Vielleicht haben Sie ja auch noch ein Stück Berliner Geschichte im Keller?
Stefanie Hildebrandt schreibt regelmäßig im KURIER über Berlins Kieze und den Osten.
Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com