Wir im Osten

Der leise Tod der Bäume: In Potsdam stirbt der schönste Ort des Ostens

Eine Ausstellung im Park Sanssouci zeigt, wie dort der Klimawandel die Natur zerstört.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Ein kranker Baum ist vor dem Potsdamer Schloss Sanssouci farblich markiert. In einer Schau soll so das leise Sterben eines der schönsten Parks des Landes symbolisiert werden.
Ein kranker Baum ist vor dem Potsdamer Schloss Sanssouci farblich markiert. In einer Schau soll so das leise Sterben eines der schönsten Parks des Landes symbolisiert werden.Jens Kalaene/dpa

„Sieh, das Gute liegt so nah“, heißt es bei Goethe. Für mich ist das nahe Gute ein Ort in Potsdam, der mich mit seinen prachtvollen Bauten und seiner herrlichen Gartenlandschaft schon seit Kindheitstagen magisch anzieht.

Als ich mit meinen Eltern dort oft in den Sommerferien war, beeindruckten mich seine Weiten, die Freiheit versprachen und in denen ich einst meine kindliche Abenteuerspielewelt ausleben durfte. Begeistert bin ich heute noch von diesem einmaligen Ort, dessen Name so wohltuend für die menschliche Seele klingt.

Die Rede ist vom Park Sanssouci, das aus dem Französischen übersetzt „ohne Sorge“ bedeutet. Doch nun herrscht dort große Sorge. Denn der Park Sanssouci, für mich einer der schönsten Orte des Ostens, stirbt weg.

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hat in diesen Tagen wieder Alarm geschlagen. 80 Prozent der über 30.000 Bäume, der unzähligen Büsche und Sträucher im Park, der seit 1990 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, sind dem Untergang geweiht. In der Open-Air-Ausstellung „Re:Generation“, die am 27. April startet und bis Ende Oktober läuft, macht nun die Stiftung den leisen Tod im Park für alle sichtbar – am sterbenden Objekt.

Ein umgestürzter Baum im Park Sanssouci gehört zum mahnenden Ausstellungsstück.
Ein umgestürzter Baum im Park Sanssouci gehört zum mahnenden Ausstellungsstück.Nicole Romberg/SPSG

Mit roten Stoffbinden hat man die Stämme einiger Todeskandidaten markiert. In Wahrheit sind es viel, viel mehr Bäume, deren mächtige Kronen immer weniger Grün zeigen, deren Äste abbrechen oder geschwächt sind, weil ihr Innenleben von Schädlingen befallen ist. Einige drohen umzustürzen, andere sind es schon.

Seit 2017 mussten im Park jährlich zwischen 160 und 300 Bäume gefällt werden. Auch Eichen und Buchen, die bereits vor 200 Jahren gepflanzt wurden, als der Alte Fritz, der Preußenkönig Friedrich der Große, diesen Park in Potsdam von Gartenarchitekten wie Peter Joseph Lenné errichten ließ.

Dessen Plan war auf Nachhaltigkeit ausgelegt, damit sich auch spätere Generationen an dem Gepflanzten erfreuen können. Nun, wo die Bäume mit ihrer wuchtigen Größe die von Lenné geplante wahre Schönheit des Parks zeigen, liegen sie im Sterben.

Seit 2017 mussten im Park Sanssouci jährlich zwischen 160 und 300 Bäume gefällt werden.
Seit 2017 mussten im Park Sanssouci jährlich zwischen 160 und 300 Bäume gefällt werden.Gerd Engelsmann

Der leise Tod in Sanssouci: Gärtner versuchen zu retten, was zu retten ist

Natürlich ist der Klimawandel daran schuld, auch wenn man es nicht mehr hören will. Aber es gibt nun einmal diese Veränderungen, die seit jeher unsere Welt beeinflussen. Und man kann auch nicht leugnen, dass wir seit fast zehn Jahren zu trockene und zu warme Sommer in der Hauptstadtregion haben, die nicht nur den Bäumen in Sanssouci massiv zusetzten.

Es ist höchste Zeit zum Handeln. Und damit meine ich nicht die sinnlosen Aktionen fanatischer Klimaaktivisten, die sich auf Straßen kleben, das Brandenburger Tor beschmieren oder in den Hungerstreik treten, um von der Bundesregierung irgendwelche Bekundungen abzupressen. Nein, es geht auch anders. Indem man wirklich kämpft, so, wie es die Gärtner von Sanssouci tun.

Sie versuchen im Park zu retten, was zu retten ist. Es werden neue Bäume gepflanzt, an deren Stämme große Wassersäcke angebracht werden, damit diese ständig Feuchtigkeit bekommen, weil der nötige Regen ausbleibt.

Ja, es ist eine Notlösung, ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber er gibt mir und uns allen Hoffnung, dass vielleicht diese Bäume eines Tages die Kraft haben, sich dem Klimawandel anzupassen. Auch wenn unsere schönen Parks wie Sanssouci nicht mehr so bleiben, wie sie einmal waren: Sie können aber weiter existieren, wenn wir nur wollen.

Norbert Koch-Klaucke schreibt jeden Freitag im KURIER über Geschichten aus dem Osten. Kontakt in die Redaktion: wirvonhier@berlinerverlag.com