Hertha-Kolumne

Pokal-Krimi vom Punkt: Hertha BSC löst den Fall 50:50!

Kommt es im DFB-Pokal gegen Heidenheim zum Elfmeterschießen, gewinnt Hertha. Oder eben nicht.

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Nervenkitzel pur: Vergangene Saison gewann Hertha BSC die Pokalschlacht gegen den Hamburger SV im Elfmeterschießen. 
Nervenkitzel pur: Vergangene Saison gewann Hertha BSC die Pokalschlacht gegen den Hamburger SV im Elfmeterschießen. Eibner/imago

Elfmeter! Das bedeutet für den Schützen totalen Stress, während der gegnerische Torhüter gegenüber – lediglich schlappe elf Meter entfernt – deutlich ruhiger an diese immer wieder außergewöhnliche Situation herangehen kann. Hält er den Strafstoß nicht, wird es kaum Vorwürfe geben, pariert er, steigt er zum Helden auf und wird gefeiert. Vergibt dagegen der Schütze den Strafstoß, will er sich am liebsten im Rasen vergraben. Fehlschützen wurden genauso berühmt wie exzellente Elfmeterspezialisten.

Hertha BSC hatte immer gute Elfmeterschützen

Uli Hoeneß hängt etwa sein Fehlversuch im EM-Finale von 1976 gegen die Tschechoslowakei noch immer an. Er ballerte seinen Elfer meterhoch in den Nachthimmel von Belgrad. Der schlitzohrige Tscheche Antonin Panenka aber verwandelte den entscheidenden Strafstoß zum 5:3 mit einem unglaublichen Lupfer. Sein Kunstschuss ging als der „Panenka“ in die Historie ein und wird immer wieder kopiert.

Bei Hertha BSC jedenfalls gab es auch schon immer gute Elfmeterschützen. Der Brasilianer Marcelinho verwandelte einst 15 seiner 17 Strafstöße, Salomon Kalou neun von zehn Versuchen. Auch Fabian Reese oder jüngst Smail Prevljak, Michael Cuisance und Ibrahim Maza trafen cool vom Punkt.

Elfmeterschießen sorgt im DFB-Pokal regelmäßig für Drama

Sichere Schützen sind vielleicht auch am heutigen Abend gefragt, wenn Hertha im DFB-Pokal auf den Bundesligisten 1. FC Heidenheim trifft.  Das Duell birgt das Potenzial zu einem Krimi mit einem Elfmeterschießen als dramaturgischen Höhepunkt. Pokalspiele, die erst durch Elfmeterschießen entschieden werden, bleiben meist lange im Gedächtnis haften. Das „hopp oder top“ lässt bei allen Beteiligten den Adrenalinspiegel in ungeahnte Höhen schnellen. Das atemberaubende 5:3 nach einem Elfer-Spektakel der Hertha gegen den Hamburger SV vom Dezember 2023 gehört unbedingt zu den Highlights.

Gabor Kiraly hielt 2003 im Pokalspiel bei Hansa Rostock den entscheidenden Elfmeter und rettete dem damaligen Hertha-Trainer Huub Stevens den Job.
Gabor Kiraly hielt 2003 im Pokalspiel bei Hansa Rostock den entscheidenden Elfmeter und rettete dem damaligen Hertha-Trainer Huub Stevens den Job.Camera 4/imago

Zwölfmal musst eine Hertha-Mannschaft bislang im nationalen Cup-Wettbewerb ins Elfmeterschießen. Die Bilanz ist ausgeglichen: Sechsmal jubelten Herthaner, sechsmal verließen sie tief traurig den Rasen. Zwei Duelle ragten für mich als Augenzeugen neben dem Drama gegen den HSV heraus. Im September 2002 unterlag Hertha beim Regionalligisten (damals Drittligisten) Holstein Kiel mit 1:4 nach Elfmeterschießen (1:1). Das Kuriose: Kiels Torhüter Manuel Greil, pikanterweise einst bei der U19 der Hertha im Kasten, hielt die Elfer von Roberto Pinto und Michael Hartmann, Andreas Schmidt traf nur die Latte.

Elfmeter-Killer Gabor Kiraly rettete Trainer Huub Stevens

Das für mich aufregendste Duell aber spielte sich im Oktober 2003 ab. Beim 6:5-Sieg der Hertha (2:2 nach 120 Minuten) beim FC Hansa Rostock setzte bei vielen Beobachtern heftiges Herzrasen ein. Es ging damals auch um den Job von Hertha-Trainer Huub Stevens, der bei einem Pokal-Aus sofort entlassen worden wäre. Keeper Gabor Kiraly hielt damals den entscheidenden Elfer von Gernot Plassnegger. In der Kabine haben alle Spieler und Stevens geweint. So groß war der Druck.

Zurück zur aktuellen Situation. Falls es heute gegen Heidenheim zum Showdown vom Punkt kommen sollte, wird sich zeigen, welche Berliner Profis angstfrei sind und entschlossen zum Punkt marschieren.

Kein Geringerer als der große Udo Jürgens hat einst mit dem Song „Die Angst des Schützen vor`m Elfmeter“ diesem Spektakel ein musikalisches Denkmal gesetzt. Vor der Weltmeisterschaft 1990 in Italien nahm er das Lied zusammen mit der Nationalmannschaft um Franz Beckenbauer auf. Anbei ein kurzer Textauszug:

Das Spiel ist aus, Verlängerung, und nach wie vor, zwei zu zwei
Die Luft ist raus und raus der Schwung, die Beine schwer wie Blei…
Der Trainer steht am Spielfeldrand und ringt mit der Fasson…
Und dann die Angst des Schützen vorm Elfmeter…
Nur der im Tor hat wenig Angst davor…
Selbst New York liegt um die Ecke verglichen mit der Strecke
Von elf verdammten Metern bis zum Tooor…

Udo Jürgens

Treffender kann ein Text die Situation kaum beschreiben. Das Sahnehäubchen lieferten die einst singenden Nationalspieler später auf dem Rasen. Den 1:0-Sieg im WM-Finale gegen Argentinien entschied Andreas Brehme – per Elfmeter. ■