Stefan Leitl, Cheftrainer von Hertha BSC, muss sich derzeit als Meister der Improvisation beweisen. Noch vor der Reise der Mannschaft ins Trainingslager nach Kitzbühel am Freitag hat sich das Lazarett mit sieben verletzten Profis, darunter zwei Torhütern, übermäßig gefüllt. Besonders schmerzhaft ist der Rückschlag, den der 1,94 Meter große Abwehrriese John Anthony Brooks gerade erlebt. Sein „kleines“ Comeback wurde jäh unterbrochen, seine Rückkehr ist ungewiss.
Der 32-Jährige war nach sieben Jahren in der Fremde im Sommer vorigen Jahres zu seinem Heimatverein zurückgekehrt. Im ersten Training Anfang September 2024 verletzte er sich schwer am Sprunggelenk. Sein rechter Fuß stand quer und in komplett unnatürlicher Stellung. Die Verletzung erwies sich als äußerst langwierig. Brooks konnte in der Saison 2024/25 kein einziges Spiel bestreiten, kämpfte sich aber in unzähligen Reha-Stunden wieder näher ans Team heran. Beim ersten Testspiel der neuen Spielzeit gegen den Ludwigsfelder FC (3:0) am 28. Juni kam er in der 72. Minute zurück auf den Rasen. Am zurückliegenden Sonnabend stand der 45-malige US-Nationalspieler, der Hertha bei seinem Wechsel 2017 zum VfL Wolfsburg üppige 17 Millionen Euro Ablöse eingebracht hatte, beim Testspiel gegen den BFC Dynamo (6:0) in der Startelf. Ein emotionaler Moment. Doch nach 13 Minuten humpelte er tief traurig vom Platz. Eine Wadenverletzung ließ kein Weiterspielen zu.
John Anthony Brooks erlebt Horror-Rückkehr bei Hertha BSC

Brooks wird es kaum trösten, dass es bei Hertha in der Vergangenheit einige Beispiele gab, wie sich Profis nach heftigen Verletzungen zurück ins Fußballer-Leben kämpften. Schlimm hatte es einst den Brasilianer Lucio erwischt. Der war von Palmeiras Sao Paulo gekommen und begeisterte in den ersten Spielen die Fans. Doch in seinem erst vierten Auswärtsspiel spielte sich ein Drama ab. Im Duell bei Schalke 04 am 28. September 2007 war der kleine Dribbler im Rasen hängengeblieben und hatte sich einen Totalschaden im Knie zugezogen: Riss des vorderen Kreuzbandes, des Innenbandes sowie des Innenmeniskus und Patellasehneneinriss. Manch Beobachter sagte schon das Karriereende voraus.

Doch noch im Moment des Schmerzes glaubte Lucio fest an ein Comeback. Es folgten nach drei Operationen – körperlich wie mental herausfordernde – wahnsinnig lange 447 Tage Zwangspause. Cheftrainer Lucien Favre brachte ihn am 18. Dezember 2008 im Uefa-Cupspiel bei Olympiakos Piräus – einer 0:4-Niederlage – in der 87. Minute ins Spiel. „Diese vier Minuten waren die wichtigsten in meinem Leben“, sagte Lucio, „mein Knie war ja lange wie ein verwüstetes Land, das langsam wiederaufgebaut werden musste.“ 2009 verließ Lucio Hertha Richtung Heimat und konnte seine Karriere tatsächlich fortsetzen.
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Weniger dramatisch verlief einst die Verletzung des robusten Brasilianers Marcelinho, der in seinen fünf Jahren in Berlin trotz ständiger gegnerischer Attacken nie ausgefallen war. Er brach sich am 2. August 2003 am ersten Spieltag der Saison gegen Werder Bremen (0:3) den Mittelfuß und kämpfte sich schon am 18. Oktober ins Team zurück, dass ohne ihn in sieben Spielen keinen Sieg einfahren konnte. Seine außergewöhnlich starke Muskulatur machte die schnelle Rückkehr möglich.




