Spionage-Geschichte

Fast 2000 DDR-Spione waren Doppelagenten der Bundesrepublik

Neue Analysen zeigen: Die Spionageabwehr des Verfassungsschutzes hat bis 1989 fast 2000 Agenten der DDR als Doppelagenten angeworben.

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Über die Glienicker Brücke bei Potsdam wurden während des Kalten Krieges Agenten ausgetauscht.
Über die Glienicker Brücke bei Potsdam wurden während des Kalten Krieges Agenten ausgetauscht.Robert Schlesinger dpa/lbn

Der Historiker Michael Wala von der Ruhr-Uni Bochum konnte bislang unveröffentlichte Akten des Inlandsgeheimdienstes der Bundesrepublik auswerten. Laut seiner Analyse gab es neben den knapp 2000 Doppelagenten mehr als 150 ehemalige Mitarbeiter des DDR-Auslandsgeheimdienstes (Hauptverwaltung Aufklärung, HVA), „die ihr Wissen für hohe Geldbeträge teilweise schon vor 1989 an die Spionageabwehr verkauften und so dafür sorgten, dass von der stolzen HVA nur ein Scherbenhaufen übrig blieb“.

In Walas Buch „Der Stasi-Mythos. DDR-Auslandsspionage und der Verfassungsschutz“ hält der Wissenschaftler fest, dass die Schleusung neuer Agenten nach Westdeutschland durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) nach 1976 „dank der Erfolge der Spionageabwehr drastisch reduziert“ wurde. Nach zuvor fast 100 Agenten seien es nach Angaben eines MfS-Überläufers nur noch 20 gewesen, die jedes Jahr in die Bundesrepublik gelangten.

Guillaume-Affäre führte zum Rücktritt von Willy Brandt

Die sogenannte Guillaume-Affäre war der wohl spektakulärste Ost-West-Spionagefall: 1974 wurde Günter Guillaume, einer der engsten Berater des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt (SPD), als DDR-Agent enttarnt. Brandt trat darauf als Bundeskanzler zurück.

Zu den von der HVA praktizierten Methoden gehörte unter anderem die „Romeo-Falle“. Dabei wurden meist männliche Agenten auf alleinstehende Sekretärinnen in der BRD angesetzt. Die „Romeo“-Spione machten sich privat an diese Frauen heran, um so Zugang zu geheimen Informationen zu erhalten.

Spionageabwehr war im Kalten Krieg das Herzstück der Verfassungsschutzarbeit

„Die Spionageabwehr bildete insbesondere zur Zeit des Kalten Krieges das Herzstück der Verfassungsschutzarbeit und ist auch heute ein zentraler Baustein unserer täglichen Arbeit“, kommentierte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, die Ergebnisse von Walas Forschungsprojekt. Es setze „angesichts der sicherheitspolitischen Zeitenwende auch Orientierungspunkte für die aktuelle und künftige Arbeit der Spionageabwehr“ des Bundesamtes, erklärte Haldenwang.

Das Buch „Der Stasi-Mythos“ erscheint am Dienstag (10. Oktober) im Ch.-Links-Verlag.