Mysteriöser Kasten

Warum steht vor dem Roten Rathaus eine gläserne Gefängniszelle?

Vor dem Roten Rathaus steht jetzt ein gläserner Kasten. Was hat es damit auf sich? Der KURIER erklärt, was dahinter steckt!

Author - Berliner KURIER
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Eine Frau hat sich ins Innere des mysteriösen Glaskastens gewagt.
Eine Frau hat sich ins Innere des mysteriösen Glaskastens gewagt.Soeren Stache/dpa

Kamen Sie heute am Roten Rathaus vorbei und haben sich über einen merkwürdigen Glaskasten vor dem Eingang gewundert? Es ist eine Gefängniszelle mitten in Berlin! Doch was steckt hinter dem mysteriösen Glasbau?

Ein Bett, ein Tisch, eine kleine Küchenzeile und eine Hocktoilette auf knapp zehn Quadratmetern umgeben von vier gläsernen Wänden: Vor dem Roten Rathaus in Berlin steht ein großer Glaskasten, der für Besucher begehbar ist. Darin liegt eine dünne blaue Decke auf einer Pritsche, in der Ecke ist ein Waschbecken installiert. Der Glaskasten ist ein Kunstwerk und eine Mahnung zugleich. Die Zelle soll an den inhaftierten Bürgermeister der Partnerstadt Istanbul, Ekrem Imamoglu, erinnern. Die Installation „Silivri – Prison Of Thougt“ ist nach einem riesigen Gefängniskomplex westlich von Istanbul benannt.

Zu sehen ist in einem Glaskasten eine beinahe maßstabsgetreue Nachbildung einer Zelle. Initiiert und konzipiert wurde das Projekt von dem Journalisten Can Dündar, der selbst zeitweise in Silivri einsaß.

Gefängniszelle ist Signal der Solidarität

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner sieht die Aktion als Zeichen der Solidarität mit seinem Amtskollegen, wie er bei der Eröffnung sagte. „Berlin ist die Stadt der Freiheit“, unterstrich der CDU-Politiker. Berlin habe eine enge und wichtige Partnerschaft mit Istanbul. „Und ich habe eine Freundschaft mit dem Bürgermeister von Istanbul.“

Ein Demonstrant fordert die Freilassung politischer Gefangener in der Türkei.
Ein Demonstrant fordert die Freilassung politischer Gefangener in der Türkei.Soeren Stache/dpa

Berlin werde daher genau hinschauen, was mit Imamoglu und anderen in der Türkei inhaftierten Oppositionspolitikern passiere, so Wegner. „Was die türkische Regierung gerade treibt, führt zu einer schweren Belastung für die Städtepartnerschaft, aber auch für die deutsch-türkischen Beziehungen.“

Bürgermeister sitzt ohne Anklage in Haft

Seit einem halben Jahr sitzt Imamoglu ohne Anklage in Untersuchungshaft. Er war im März wegen Terror- und Korruptionsvorwürfen festgenommen worden. Das löste Massenproteste in der Türkei aus. Wegner hatte kurz darauf eine schon länger geplanten Reise nach Istanbul abgesagt, bei der er auch Gespräche mit Imamoglu führen wollte.

Die Installation auf dem Platz vor dem Rathaus wird im Rahmen des 7. Berliner Herbstsalons des Maxim-Gorki-Theaters gezeigt. Sie ist dort gut eine Woche bis zum 10. Oktober zu sehen. Danach wird sie bis Ende November im Garten des Theaters aufgestellt. (dpa)