Auf Zeltplatz beschimpft

Virologe Drosten angefeindet: Jetzt wurden zwei Angeklagte verwarnt

In dem Verfahren wurde auch Grundsätzliches aus der Corona-Pandemie diskutiert

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Die drei Angeklagten im Prozess wegen mutmaßlicher Beleidigung des Virologen Christian Drosten mit ihren Anwälten.  Ein Paar wurde verurteilt, gegen eine weitere ursprüngliche Angeklagte war das Verfahren zuvor wegen Geringfügigkeit eingestellt worden
Die drei Angeklagten im Prozess wegen mutmaßlicher Beleidigung des Virologen Christian Drosten mit ihren Anwälten. Ein Paar wurde verurteilt, gegen eine weitere ursprüngliche Angeklagte war das Verfahren zuvor wegen Geringfügigkeit eingestellt wordenHelmut Reuter/dpa

Der Virologe Christian Drosten ist im Sommer 2022 auf einem Campingplatz angefeindet worden. Nun ist ein Paar von einem Gericht deshalb verwarnt worden. Diskutiert wurde vorher viel.

Auf den Antrag eines Verteidigers, Bill Gates als Zeugen zu laden, ließ sich Richter Roland Traeger vom Amtsgericht Waren in Mecklenburg-Vorpommern dann doch nicht ein. Für ihn ging es in dem Verfahren um Anfeindungen gegen den Virologen Christian Drosten auf einem Campingplatz an der Mecklenburgischen Seenplatte nicht etwa darum, ob die Bill & Melinda-Gates-Stiftung Drostens Institut an der Charité fördert oder um die Corona-Politik. Stattdessen gehe es um Anstand und Respekt, betonte Traeger in seiner Urteilsbegründung am Donnerstag.

Verwarnung für die Angeklagten

Auch ein öffentlich bekannter Mensch wie der seinerzeit vor allem als Corona-Experte bekannte Christian Drosten habe das Recht, während seines Urlaubs in Ruhe gelassen zu werden. Das war nach Traegers Einschätzung im Sommer 2022 nicht der Fall. Er verwarnte eine 51-Jährige und einen 49-Jährigen aus Berlin, die Dauercamper auf dem Zeltplatz waren.

Dem Mann legte er öffentlich begangene Verleumdung zur Last, unter anderem, weil er Drosten lauthals als Verbrecher beschimpft hatte. Zudem wurde er belangt, weil er nach Überzeugung des Gerichts unerlaubt Fotos von Drosten gemacht und online weitergeschickt habe. Das entsprechende Handy ist er deswegen auch los. Die Frau wurde wegen Beleidigung belangt, sie hatte eigenen Angaben zufolge etwa „verpiss dich“ zu Drosten gesagt. Gegen eine weitere ursprüngliche Angeklagte war das Verfahren bereits zuvor wegen Geringfügigkeit eingestellt worden.

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, ist 2022 auf einem Campingplatz angefeindet worden. Nun ist ein Paar von einem Gericht in Waren (Mecklenburg-Vorpommern) deshalb verurteilt worden. (Archivfoto)
Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, ist 2022 auf einem Campingplatz angefeindet worden. Nun ist ein Paar von einem Gericht in Waren (Mecklenburg-Vorpommern) deshalb verurteilt worden. (Archivfoto)Kay Nietfeld/dpa

Das Gericht sprach am Donnerstag eine sogenannte Verwarnung mit Strafvorbehalt aus. Das bedeutet, dass das Gericht zwar die Schuld des Angeklagten feststellt und eine Geldstrafe ausspricht. Diese wird aber vorbehalten, es ist also eine Art Bewährung. Gegen beide wurden Geldstrafen verhängt - 1200 Euro für den Mann und 375 Euro für die Frau. Sie wurden allerdings auf ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt.

Drosten fühlte sich bedroht und rief die Polizei

Drosten hatte im Juni 2022 mit seiner Familie eine Nacht auf dem Zeltplatz verbracht. Er hatte im Verfahren geschildert, er sei mit seinem vierjährigen Sohn vom Zähneputzen auf dem Rückweg zum Zelt gewesen. Dann habe sich ihnen der 49-Jährige mit einer Bierflasche in der Hand in den Weg gestellt und ihn lautstark beschimpft. Am Folgetag kam es auch mit dessen Frau und erneut mit ihrem Mann zur Auseinandersetzung. Drosten hatte sich nach eigener Aussage bedroht und beleidigt gefühlt und schließlich die Polizei gerufen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Angeklagte betonte, sie habe Drosten nicht bedroht

Auch die Angeklagte bezeichnete Drosten am Donnerstag mit Blick auf seine Rolle als Corona-Experte als Verbrecher. Er habe das Leben vieler Menschen und auch das ihrer Familie maßgeblich negativ beeinflusst, etwa durch die Befürwortung von Masken oder Schutzmaßnahmen für Kinder. Sie konnten es nach eigener Aussage damals nicht glauben, dass er sich auf den Campingplatz traute, der 17 Jahre lang ihr Rückzugsort gewesen sei. Sie betonte aber, Drosten nicht bedroht zu haben. Das Paar verlor nach dem Vorfall seinen Stellplatz. Das habe Drosten nach eigener Aussage aber nicht gewollt, sagte am Donnerstag der Angeklagte.

In der Verhandlung wurde stellenweise sehr Grundsätzliches diskutiert: Corona-Maßnahmen, Meinungsfreiheit eine etwaige Spaltung in der Gesellschaft. Auch Traeger gestand am Ende ein, das Verfahren hätte schneller beendet werden können. Während der Corona-Pandemie sei sicher vieles richtig, aber auch vieles falsch gemacht worden. Man könne auch die Meinung vertreten, Verantwortliche belangen zu wollen. Dann müsse man aber Strafverfahren anstreben. Als Verbrecher dürfe nur betitelt werden, wer auch rechtskräftig verurteilt sei.