Ein Protz-Schlitten parkt in zweiter Reihe, zwei Polizisten im Streifenwagen wollen ihn kontrollieren. Der Wagen aber düst davon. Der Fahrer nun auf der Anklagebank: ein Ingenieur (37), selbstständig und erfolgreich im Job in der Baubranche, Projekte vor allem in Brandenburg. Ein Audi A8 – 486 PS stark – sein Dienstwagen. Den allerdings durfte Said M. (Name geändert) seit einer mutmaßlichen Verfolgungsjagd mit der Polizei nicht mehr steuern: Führerschein entzogen!
Der 4. Oktober 2021 in Neukölln. Gegen 19 Uhr sehen zwei Polizisten die Nobelkarosse, wollen den Fahrer kontrollieren, geben ein Lichtzeichen. Said M. aber fährt davon. Seine Version: „Ich wollte nur eine kleine Runde drehen, dann wieder warten.“ Auf seine Frau, die noch im Haus war. M.: „Ich wollte keinen Ärger mit der Polizei, hatte meinen marokkanischen Führerschein noch nicht umschreiben lassen.“
Mehrere Personen und spielende Kinder mussten zur Seite springen
Die Beamten nahmen die Verfolgung auf. Ein Polizist (31): „Über diverse Seitenstraßen sind wir hinterher.“ Bis der Audi über den Schierker Platz gebrettert sei. Die Anklage: „Er fuhr zwischen einer Straßenlaterne und einem Absperrpoller hindurch, mehrere Personen und spielende Kinder mussten zur Seite springen.“
Auf der Grenzallee dann eine Kollision mit einem Polizeiwagen. Den hatten zwei Verfolger quer gestellt, um den Audi zu stoppen. Der Ingenieur zum Richter: „Es gab keine Verfolgung, ich fuhr normal, sie haben auf mich gelauert, rammten mich.“
Dagegen die Anklage: „Er fuhr nach rechts in Richtung Gehweg, um an dem Einsatzwagen vorbeifahren zu können.“ Weil das nicht gelang, sei es zum Zusammenstoß gekommen. Der Audi-Fahrer sei dann in seinem Fahrzeug vom Unfallort geflohen. Ein Polizist: „Ein Radfahrer konnte gerade noch ausweichen.“
Der Richter zeigt Herz für den Angeklagten
Erneut stellten die beiden Verfolger ihren Einsatzwagen quer, um den Audi zu stoppen. Einer der Polizisten: „Er aber wollte zwischen unserer Fahrzeugfront und geparkten Autos durchbrechen, es klappte nicht.“
In Schießhaltung sprang einer der Beamten zum Audi. Der Mann sollte aussteigen – „machte er aber nicht“. Sie hätten ihn schließlich aus dem Fahrzeug gezogen. Einen Schlag habe es gegeben, weil er sich versteift habe.
Ein Polizist und der Ingenieur danach im Krankenhaus. Für den Richter blieben zu viele Unstimmigkeiten: „Unklar, wer wo hineinfuhr.“ Weil M. seitdem ohne Führerschein war, habe er schon gelitten. Fazit: Kein Urteil, sondern Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung von 1500 Euro. ■