Der Angeklagte Tilo P. (39) mit Verteidiger Mirko Röder und dem Vorsitzenden Richter Alexander Masuch (Mitte).
Der Angeklagte Tilo P. (39) mit Verteidiger Mirko Röder und dem Vorsitzenden Richter Alexander Masuch (Mitte). Pressefoto Wagner

Gepöbelt, geprügelt, gerast: Ex-AfDler und Neonazi Tilo P. (39) erneut vor Gericht. Weil der Staatsanwaltschaft eine gegen ihn verhängte Strafe auf Bewährung zu milde war.

Tilo P. wurde als einer der beiden Hauptverdächtigen in der rechtsextremen Anschlagsserie in Neukölln bekannt. Die umfasst rund 70 Straftaten von 2016 bis März 2019. Doch nun ging es um ein Verkehrsverfahren mit Tatort Steglitz: Angriff auf einen Taxifahrer (56) mit jordanischen Wurzeln.

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Das Amtsgericht urteilte im Februar: ein Jahr und sechs Monate Haft, Führerscheinsperre für knapp zwei Jahre und 1000 Euro an den Taxifahrer. Mit dem Urteil kam P. nach dreieinhalb Monaten U-Haft frei. Die Staatsanwaltschaft hatte auf eineinhalb Jahre Gefängnis plädiert – und legte Berufung ein.

Eine Pöbelei, ein Schubser, dann schlug P. mit einem Schlagstock gegen ein Bein des Gegners und fuhr weg

Die Anklägerin: „Ein nichtiger Anlass führte zu einem völlig unbeherrschten Verhalten.“ Die Tat sei auch rassistisch motiviert gewesen – „eine Aggressionstat gegen einen Menschen, den er als einen Ausländer eingeordnet hat“. Außerdem: „Es geschah während einer Haftverschonung.“

Der Vorfall am 3. November 2021, gegen 19.30 Uhr: P. hatte seinen VW Golf gestoppt, blockierte andere Autofahrer. Der Taxifahrer hupte, sprach ihn an. Bei P. im Wagen saß ein Kollege. Eine Pöbelei, ein Schubser, dann schlug P. mit einem Schlagstock gegen ein Bein des Gegners und fuhr weg.

Der Taxifahrer wollte die Polizei rufen. Es klappte nicht. Er entdeckte nur Minuten später den Wagen des Rüpels. P. gab Gas, raste durch eine Tempo-30-Zone mit bis zu 58 km/h, raste dann auf den Munsterdamm. Weil er das Taxi nicht abschütteln konnte, stoppte er.

Zweite Begegnung in der Berlinickestraße. P. ging auf den Taxifahrer zu, habe laut Anklage gepöbelt: „Scheiß Kanake, was ist dein Problem?“ P. ballte die Faust, schlug zu. Der Taxifahrer war kurz benommen, die Unterlippe blutig, die Nase geschwollen, die Brille verbogen.

Der Taxifahrer bekommt 3000 Euro und P. soll zum Anti-Gewalt-Training

Doch der Taxifahrer wollte P. nicht entkommen lassen: „Ich stellte mich vor den Wagen.“ Ruckartig sei P. auf ihn zugefahren, ohne ihn zu verletzen. Drei Tage später wurde P. von der Polizei abgeführt.

Der Rechtsextremist reuig im ersten Prozess: „Tut mir wirklich leid, bitte um Entschuldigung.“ Der Taxifahrer sagte, dass P. nach dem ersten Urteil gelacht habe. Ein „richtiges Schmerzensgeld“ wolle er. 3000 Euro standen im Raum.

Das Landgericht urteilte nun: Es bleibt damit bei eineinhalb Jahren auf Bewährung – weil P. nicht vorbestraft ist, Reue gezeigt und in U-Haft gesessen habe. Neu aber: Der Taxifahrer bekommt 3000 Euro und P. soll zum Anti-Gewalt-Training.

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Ab 29. August steht P. wieder vor Gericht. Im Fall der Anschlagsserie – unter anderem geht es um zwei Auto-Brandstiftungen.