Ganz schön stille Nacht

SO fühlt sich der Weihnachtsmarkt ohne „Last Christmas“ an

Weil sich die Berliner Weihnachtsmärkte die Gema-Gebühren nicht mehr leisten können, läuft kaum noch Weihnachtsmusik. Kommt hier trotzdem Stimmung auf?

Author - Sharone Treskow
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Der Weihnachtsmarkt vor dem Roten Rathaus ist immer gut besucht.
Der Weihnachtsmarkt vor dem Roten Rathaus ist immer gut besucht.Jens Kalaene/dpa

Weihnachtsmarkt ohne „Santa Baby“ und „Last Christmas“? Hört sich erst mal traurig an, ist jetzt aber bittere Realität in Berlin. Denn: Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) ist strenger geworden und hat zuletzt so viel Geld für gebührenpflichtige Songs kassiert, dass es sich viele Veranstalter von Weihnachtsmärkten nicht mehr leisten können. Der Großteil hat daher beschließen müssen, in diesem Jahr gar keine Musik mehr zu spielen. Andere wiederum haben sich für eine Zwischenlösung entschieden.

So auch der Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus, der seit dem 27. November seine Tore geöffnet hat. Eine KURIER-Reporterin war vor Ort und hat sich mal angeschaut, ob in Sachen Weihnachtsmusik auch ein Kompromiss funktionieren kann ...

Klassische Musik statt Hit-Songs

Der Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus ist auch in diesem Jahr einen Besuch wert.
Der Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus ist auch in diesem Jahr einen Besuch wert.Sabine Gudath

Im Vorfeld hatte der Betreiber Hans-Dieter Laubinger angekündigt, dass bei der großflächigen, beliebten Festivität keine Musik mehr laufen wird – nur noch auf der Eisbahn und auch hier mit Einschränkungen.

Doch kommt so überhaupt richtige Weihnachtsstimmung auf? Ich will ehrlich sein: Als großer Weihnachts-Fan war ich vorab skeptisch! Für mich gehören die wunderbaren Fest-Klassiker von Michael Bublé einfach dazu, genauso wie die kitschigeren Hits „All I Want For Christmas“ oder „Wonderful Dream“. Doch mein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus diese Woche sollte mich positiv überraschen!

Betritt man den Weihnachtsmarkt, der sich von den Wasserkaskaden am Fuße des Fernsehturms bis hin zur Spandauer Straße erstreckt, ist es erst einmal ungewöhnlich ruhig. Bis auf die fröhlichen Gespräche der vielen Marktbesucher natürlich. Doch nähert man sich der Eisbahn, die rund um den Neptunbrunnen gebaut wurde und zentral auf dem Markt liegt, hört man sie schon: zauberhafte, klassische Weihnachtsmusik aus den Lautsprechern! Die Rede ist von Streichquartett-Musik à la Nussknacker, hörbar ältere Aufnahmen.

Hier wurde der Stimmung kein Dämpfer verpasst

Auf dem Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus läuft nur noch instrumentale, klassische Weihnachtsmusik.
Auf dem Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus läuft nur noch instrumentale, klassische Weihnachtsmusik.Jens Kalaene/dpa

Denn: Gezahlt werden muss laut Gema nur für Musik, deren Urheber noch nicht mindestens 70 Jahre tot ist. Das gilt sogar für Neufassungen von waschechten Klassikern wie „O Tannenbaum“. Doch diese Einschränkung wurde auf dem Weihnachtsmarkt am Roten Rathaus geschickt umgesetzt. Es funktioniert sogar hervorragend, wie ich finde! Die rein instrumentale, klassische Musik hat mich ganz wunderbar in Weihnachtsstimmung versetzt, als ich mit einem Punsch bewaffnet das Treiben auf der Eisbahn beobachtete. Streicher-Musik passt sogar noch besser zu eleganten Eisläufern als moderne! Es fühlte sich beinah an wie eine Filmszene ...

Dann auch noch der Blick auf das imposante Rote Rathaus, die hübsche St. Marienkirche und das Riesenrad, das so wunderbar leuchtet? Insgesamt ein traumhaftes Erlebnis. Meine Freunde Mariah Carey und Co. habe ich tatsächlich nicht vermisst. Chapeau an diesen Weihnachtsmarkt, hier wurde die strenge Musikregelung einfach gelungen umgangen. ■