Gabriele „Gaby“ Seyfert, erste Weltmeisterin im Eiskunstlaufen für die DDR, feiert am 23. November ihren 75. Geburtstag, 21 Tage nach dem Tod von Jutta Müller, die ihre Tochter zur dominanten Läuferin der 60er-Jahre formte.
Der Tod der Mutter rückt die Freude über das eigene Jubiläum in den Hintergrund. „Mir hat es immer Spaß gemacht, auch wenn man weiß, jeden Tag um sieben Uhr auf dem kalten Eis zu stehen. Dann hat Mutti sagen müssen: ‚Tut mir leid, das gehört dazu.‘“, sagte die gebürtige Chemnitzerin Gaby Seyfert über ihre Mutter, die im Dezember ihren 95. Geburtstag gefeiert hätte.
Der kalte Untergrund wurde aber schnell durch Titel erwärmt. 1961 wurde Seyfert erstmals DDR-Meisterin und gab diese Position bis 1970 nicht mehr ab. 1966 wurde sie Vize-Weltmeisterin und gewann auch Silber bei den Europameisterschaften, ein Jahr später folgte die erste EM-Goldmedaille.
Gaby Seyfert war in der DDR ein Star
Mit dem Rücktritt der Amerikanerin Peggy Flemmings nach dem Olympiasieg 1968 in Grenoble begann für Seyfert die Zeit des Triumphs: Der erste gestandene dreifache Rittberger einer Frau gelang ihr 1968, es folgten WM- und EM-Gold 1969 und 1970. „Ihr Eislaufen unterschied sich von dem der anderen Sportler durch Emotionalität, Dynamik und das Wichtigste durch ihren Charme und ihr Charisma, was sie auszeichnet“, sagte der damalige russische Eistänzer Alexander Gorschkow.
Durch die Titelsammlung stieg die für den SC Karl-Marx-Stadt startende Athletin auch in der DDR zum Star auf. „Gaby ist es als erste gelungen, diese Sportart auch in unserem Lande so populär zu machen, dass wir unheimliche Mengen an Zuspruch von Kindern hatten“, freute sich ihre Mutter einmal. Doch die Freude währte nicht lange und führte auch zu ersten Meinungsverschiedenheiten zwischen Mutter und Tochter.

Als Favoritin auf Olympiagold 1972 in Sapporo trat Seyfert 1970 aus Liebe zum ehemaligen DDR-Eistanzmeister Eberhard Rüger zurück. „Da waren einige Unstimmigkeiten zwischen der Mutti und mir. Da ist sie streng geblieben. Wenn ich mich entscheiden muss zwischen der Liebe und einer Goldmedaille bei den Spielen 1972, dann entscheide ich mich für die Liebe“, sagte Seyfert, der zudem von der DDR verboten wurde, bei einer internationalen Eisrevue zu starten. 1972 heiratete Seyfert den Angehimmelten. Zwei Jahre später erblickte Tochter Sheila das Licht der Welt.

Mit der berühmten Mutter konnte Gaby Seyfert nicht immer
Zu einem weiteren Bruch kam es, als Seyfert in die Trainer-Branche wechselte und mit Anett Pötzsch 1971 ein hoffnungsvolles Talent unter ihren Fittichen hatte. Zwei Jahre später wechselte Pötzsch zu Mutter Jutta. „Das war ein großer Bruch. Wir haben uns über eine lange Zeit nicht mehr privat unterhalten. Ich wollte ja auch als Trainerin Erfolg haben. Deshalb war ich sehr geschockt, als man mir die Anett weggenommen hat“, sagte Seyfert. Für die spätere Olympiasiegerin von 1980 in Lake Placid war Seyfert zwar Vorbild, „aber für mich war Frau Müller die Trainerin“.
Die Beziehung zur Mutter stabilisierte sich wieder. Als die Mutter immer mehr Pflege benötigte, holte die inzwischen in Berlin lebende und zum dritten Mal verheiratete DDR-Rekordmeisterin ihre Mutter und Trainerin ebenfalls in die Hauptstadt, um ihr nahe zu sein. Das Andenken an ihre Mutter sowie ihre eigene Dominanz auf dem Eis verkörpert Tochter Gaby laut dem ehemaligen Preisrichter Reinhard Mirmseker auf ewig: „Sie war am Ende eine Künstlerin auf dem Eis.“