Grün, Gelb oder Rot?

Volle S-Bahnen: Neue Anzeige hilft beim Sprint zum freien Platz

Fahrgäste der Berliner S-Bahn können an sechs Bahnhöfen schon vor Einfahrt des Zuges erkennen, wo es im einfahrenden Zug noch genug Platz gibt.

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Farbig wird angezeigt, wie voll die einfahrende S-Bahn auf dem S-Bahnhof Hackescher Markt ist. Grün steht dabei für viel Platz, gelb für mittlere Auslastung und rot für wenig Platz im Wagen.
Farbig wird angezeigt, wie voll die einfahrende S-Bahn auf dem S-Bahnhof Hackescher Markt ist. Grün steht dabei für viel Platz, gelb für mittlere Auslastung und rot für wenig Platz im Wagen.Stefan Henseke

Wer öfter mit der Berliner S-Bahn fährt, merkt schnell: Der Mensch ist ein Herdentier und oft auch ein bisschen lauffaul. Fast alle drängen da in den Zug rein, wo die Treppen auf den Bahnsteig führen. Gerade im Berufsverkehr sind die S-Bahnen in der Mitte meist proppevoll, während hinten und vorne noch Platz bleibt. Problem für die S-Bahn: Wenn viele Fahrgäste in einen schon vollen Bahnwagen drängen, kommt es schnell zu Verzögerungen. Die S-Bahn Berlin will solche Situationen mit Lichtschranken verhindern.

Fahrgäste der Berliner S-Bahn können seit Dienstag an sechs Bahnhöfen schon vor Einfahrt des Zuges erkennen, wie voll die einzelnen Wagen bereits sind. Auf dem Bahnsteig hilft ein kurzer Blick nach oben bei der Orientierung. Denn auf den Zugzielanzeigern blinkt neben Fahrziel und Ankunftszeit der nächsten S-Bahn eine neue Information auf. Kleine farbige Kästchen, die die einfahrenden Wagen darstellen. Grün steht dabei für viel Platz, gelb für mittlere Auslastung und rot für wenig Platz im Wagen.

Diese sechs Bahnhöfe wurden umgerüstet

Das neue System namens „Lightgate“ misst in Echtzeit, wie stark die S-Bahn-Wagen ausgelastet sind, und zeigt dies auf den Informationsmonitoren am Bahnsteig farblich an. Die neue Auslastungsanzeige ist ein Pilotprojekt. Sie wurde zunächst für Züge aus beiden Richtungen an den Bahnhöfen Alexanderplatz, Hackescher Markt, Friedrichstraße und Hermannstraße sowie für die Züge in Richtung Westen an den Bahnhöfen Bellevue und Hauptbahnhof installiert.

„Mit dem Einsatz von ‚Lightgate‘ lenken wir die Fahrgäste zu weniger ausgelasteten Wagen und beschleunigen den Ein- und Ausstieg“, sagt S-Bahn-Chef Peter Buchner.

 Die Sensoren für „Lightgate“ sind eine Art Lichtschranke im Gleisbereich, die die vorbeifahrenden Züge erfassen. Abhängig von der Anzahl der Personen in der S-Bahn wird der Lichtstrahl häufiger oder seltener unterbrochen. „Daraus ergibt sich ein Messwert mit über 90 Prozent Genauigkeit“, teilt die Deutsche Bahn mit. Für den Pilotversuch wurden zehn Sensoren zwischen Jannowitzbrücke und Hauptbahnhof sowie zwischen Tempelhof und Neukölln installiert.

In Fahrtrichtung Friedrichstraße bleiben nur 20 Sekunden zwischen Aufblinken der Farbanzeige und der Einfahrt des Zuges. Zu wenig Zeit für die, die nicht so gut zu Fuß sind.
In Fahrtrichtung Friedrichstraße bleiben nur 20 Sekunden zwischen Aufblinken der Farbanzeige und der Einfahrt des Zuges. Zu wenig Zeit für die, die nicht so gut zu Fuß sind.Stefan Henseke

Erst kurz vor Einfahrt der Züge springt die Wie-voll-ist-die-S-Bahn-Anzeige von Weiß auf die einzelnen Farben um. Ein Test am Donnerstagvormittag auf dem S-Bahnhof Hackescher Markt zeigt: Die Sensoren sind anscheinend noch nicht überall an den richtigen Positionen angebracht. Bei S-Bahnen in Richtung Alexanderplatz wird die Farbverteilung rund 50 Sekunden vor Einfahrt des Zuges angezeigt, doch bei S-Bahnen in Richtung Friedrichstraße bleiben nur 20 Sekunden. Viel zu wenig Zeit, um noch über den langen Bahnsteig zu hasten und einen leereren Wagen zu finden. Gerade für ältere Leute, die nach einem Sitzplatz suchen, reicht die Zeit nicht.

S-Bahn: Pilotprojekt kostet 900.000 Euro

Für die Auslastungsmessung nutzt die S-Bahn Berlin eine Technik, die bei der S-Bahn Hamburg entwickelt wurde und dort bereits erfolgreich im Einsatz ist. Das neue System ermöglicht auch eine effizientere Planung und Steuerung des gesamten Systems, sagt Martin Fuchs, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg. Die Deutsche Bahn bekommt durch das Messsystem auch neue Daten zur Auslastung der Züge zu bestimmten Uhrzeiten. Damit kann das auch die Planung von künftigen Verkehren oder Bus-Ersatzverkehren verbessert werden.

Peter Buchner, Geschäftsführer S-Bahn Berlin, und „Lightgate“-Projektleiterin Julia Kuhfuß von der S-Bahn Hamburg stellen auf dem Bahnhof Hackescher Markt die neue Echtzeit-Auslastungsanzeige der Berliner S-Bahn vor.
Peter Buchner, Geschäftsführer S-Bahn Berlin, und „Lightgate“-Projektleiterin Julia Kuhfuß von der S-Bahn Hamburg stellen auf dem Bahnhof Hackescher Markt die neue Echtzeit-Auslastungsanzeige der Berliner S-Bahn vor.Soeren Stache/dpa

Das auf mehrere Jahre angelegte Pilotprojekt kostet rund 900.000 Euro. Finanziert wird es von der Deutschen Bahn und den Ländern Berlin und Brandenburg. Weitere Bahnhöfe könnten später noch dazukommen. ■