Vor 100 Jahren herrschte in Berlin eine wilde und ausschweifende Stimmung. Bis heute wird gerne auf die 1920er – auch Golden Twenties genannt – zurückgeblickt. So auch in dem Musical „Berlin Berlin“, das bald für ein Wintergastspiel in den Admiralspalast zurückkehrt. Schauspielerin Jessica Ginkel wird am 21. Dezember die Premiere besuchen. Dafür braucht sie natürlich das richtige Outfit, das geradezu nach Twenties schreit! Der KURIER darf sie zu einem Kostümverleih begleiten, der Jessica authentisch in Marlene Dietrich verwandelt ...
Jessica Ginkel ist gebürtige Berlinerin

Jessica Ginkel, die durch ihre GZSZ-Rolle der Caroline Neustädter (2006–2009) berühmt wurde, unterstützt das Wintergastspiel der Revue im Admiralspalast als Botschafterin. „Ich freue mich sehr, ‚Berlin Berlin‘ dem Publikum näherbringen zu dürfen. Im Sommer konnte ich die Show in Dresden bestaunen und war wahnsinnig begeistert. Dafür schwärme ich gerne“, verrät die 43-Jährige dem KURIER im Interview.
Wie würde Jessica das Musical beschreiben, das die Geschichte unserer Stadt erzählt? „Es ist ein großartiges Spektakel – sehr gelungene Unterhaltung, wie ich finde. Es sind ganz tolle, mitreißende Songs dabei, die jeder kennt. Zum Beispiel ‚Mein kleiner grüner Kaktus‘ von den Comedian Harmonists. Dann gibt es natürlich ganz viel von Marlene Dietrich. Ich finde auch die Darsteller großartig. Und die Handlung, in die das ganze Stück eingebettet ist, ist einfach total mitreißend. Das ist wirklich eine Zeitreise in die 20er-Jahre. Ein Tanz auf dem Vulkan“, schwärmt die gebürtige Berlinerin.
Doch die nötige Ernsthaftigkeit gefällt ihr ebenso: „Auch die Machtergreifung der Nazis wird hier thematisiert, sodass einem kurz der Atem stockt. Dadurch bekommt die Revue ihre Tiefe, wird rund. Es wird trotzdem geschafft, dass man mit einem guten Gefühl aus dem Stück herausgeht, aber dennoch zum Nachdenken angeregt wird.“
Dieser Kostümverleih ist wie eine Zeitmaschine

Schnell wird deutlich: Jessica ist ein großer Fan des Stücks – und der 20er-Jahre: „Es hat so was Freies, etwas von Loslassen. Allen Zwängen entfliehen.“ In dieses wunderbare Gefühl will die Schauspielerin eintauchen, mithilfe des richtigen Outfits! Jessica will sich im Le Boudoir in Berlin-Friedrichshain einkleiden lassen, und der KURIER darf sie begleiten. Der Kostümverleih gehört offiziell zur bekannten Partyreihe Bohème Sauvage.
Den Laden in der Wühlischstraße kann man nur mit Termin besuchen, die Tür ist stets verschlossen, man muss klingeln. Frau Mausweh lässt ihre Kunden schließlich durch einen schwarzen Vorhang eintreten – dahinter liegen Räume, die mit derart authentischen Stücken gefüllt sind, dass man das Gefühl hat, man hätte soeben durch eine Zeitmaschine die 20er-Jahre betreten.

Apropos Zeitmaschine: Wenn Jessica sich die Golden Twenties in Berlin mal für einen Tag ansehen könnte, würde sie es tun? „Ja, auf jeden Fall, ist bestimmt spannend. Mäuschen spielen würde ich gerne. Man hört immer, dass es sehr frei war, dass es eine Aufbruchstimmung gab, dass es sehr kreativ war und jeder sich ausgelebt hat“, betont die Schauspielerin. „Aber ob es damals besser war als heute? Das glaube ich nicht. Man weiß ja, wie schwer es die Gesellschaft damals hatte zwischen den Kriegen und den politischen Umbrüchen. Keiner wusste so richtig: Wo geht es hin?“
Jessica verwandelt sich in ein Twenties-Girl

Was sucht Jessica denn eigentlich genau für die Premiere? „Ich finde ja Marlene Dietrichs Hosenanzug wahnsinnig toll. Aber ich könnte mir ein auch wirklich so ein schönes Charleston-Bling-Bling-Kleidchen vorstellen. Als ich gerade hierhergefahren bin, dachte ich mir aber: Vielleicht doch nicht so ein kleines Hängerchen, es ist nämlich ganz schön kalt!“, berichtet sie lachend.
Hosenanzug oder Funkelkleid? Jessica probiert einfach beides an! Die Auswahl ist groß – die Kleiderständer im Le Boudoir (französischer Begriff für ein Ankleidezimmer) sind über und über behängt mit glitzernden Paillettenkleidern, eleganten Anzügen und mehr. Auch an authentischen Accessoires mit Federn, Perlen und Co mangelt es hier nicht. Es gibt sogar Zigarettenringe, wie man sie früher gerne getragen hat.
Schließlich ist der erste Look zusammengestellt: Jessica trägt ein schwarzes Kleid, das typisch für die 20er-Jahre mit Perlen und Pailletten bestickt ist. Der Saum fällt ihr in abgerundeten Enden raffiniert über die Knie. Eine (falsche) Felljacke, schwarze Riemchen-Pumps, eine Paillettenhandtasche und ein funkelndes Haarband runden das Outfit perfekt ab. Die Berlinerin wirkt wie aus einer anderen Zeit entsprungen, bewegt sich auch direkt ganz anders – bekommt Lust, ein paar Charleston-Schritte zu tanzen.

Die Schauspielerin wird die Premiere als Marlene Dietrich besuchen
Jessica entscheidet sich, den traumhaften Look auszuleihen, aber für ein anderes Event: Sie besucht die Sendung „STUDIO 3 – Live aus Babelsberg“, hierfür passe das Ensemble wunderbar. Doch jetzt fehlt immer noch das Outfit für die Musical-Premiere! Deshalb will die 43-Jährige ihrer ursprünglichen Idee nachgehen und sich in Marlene Dietrich verwandeln. Ein passender Hosenanzug mit Frackjacke und extraweiter Hose ist schnell gefunden. Dazu bekommt Jessica noch eine weiße Bluse, einen Kummerbund – auch wenn die schlanke Schönheit ihn nicht nötig hätte – und einen Zylinder.

Die Schauspielerin zieht sich in Windeseile um, das hat sie in ihrem Beruf gelernt, wie sie erklärt. Wieder sieht Jessica ganz verwandelt aus! Ganz klar: Der Marlene-Look passt hervorragend zu ihr. Auch in diese Rolle schlüpft sie dank der passenden Kleidung ohne Probleme. Da stellt sich einem die Frage: Warum spielt sie eigentlich nicht selbst bei „Berlin Berlin“ mit? „Im Alter von zwölf bis 18 habe ich auf Bühnen gestanden, aber das natürlich nicht in dem ganz professionellen Rahmen, sondern als Schülerin. Das war immer ein ganz großer Traum von mir, zum Musical zu kommen, eines Tages“, verrät sie.

Tatsächlich kann Jessica laut ihrem Lebenslauf auch singen, hat eine Sopran-Stimme. Darauf angesprochen, witzelt sie aber nur: „Ich kann mich noch erinnern, als ich meinen Eltern mal ins Ohr gesungen habe, im Auto, meinten sie: ‚Na ja, mit der Stimme geht es jetzt nicht unbedingt zum Musical.‘ Danke Mama, danke Papa.“ Jessica lacht. „Nein, sie haben mich immer sehr unterstützt.“
Nach ihrem Besuch im Kostümverleih kann Jessica zufrieden nach Hause gehen – zu ihrem ebenfalls bekannten Mann Daniel Fehlow und den zwei gemeinsamen Kindern. Ausgestattet mit gleich zwei traumhaften Outfits, die einen unweigerlich in das Berlin der 1920er-Jahre zaubern. ■