Tödliche Kälte

Linke will U-Bahnhöfe für Obdachlose öffnen, BVG dagegen

Die Berliner Linke-Fraktion fordert angesichts der eisigen Temperaturen mehr Hilfsangebote für Obdachlose. Die BVG will ihre U-Bahnhöfe nicht öffnen.

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Obdachlose: Eine obdachlose Frau schiebt ihre Sachen in einem Einkaufswagen.
Obdachlose: Eine obdachlose Frau schiebt ihre Sachen in einem Einkaufswagen.Arne Dedert/dpa

„Die anhaltende Kälte und die offensichtlich gestiegene Zahl an Obdachlosen verlangt sofortiges Handeln des Senats, der Bezirke und der BVG“, erklärt die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Katina Schubert. „Die Plätze in der Kältehilfe müssen umgehend aufgestockt werden.“ Sie reichten offenkundig nicht mehr aus. „Bis dahin müssen unterstützend zumindest einige U-Bahnhöfe nachts geöffnet werden“, forderte sie. Es geht hier um Leib und Leben von Menschen, argumentierte Schubert. „Da darf die BVG nicht wegsehen.“

Der Sozialstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll (Linke), hatte bereits am Freitag die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) aufgefordert, einige U-Bahnhöfe für Obdachlose offenzuhalten. Die BVG teilte auf Anfrage mit, es werde keine sogenannten Kältebahnhöfe geben. Wegen Zugverkehrs und Starkstroms im Gleisbereich könne nicht für die notwendige Sicherheit gesorgt werden. Außerdem gebe es keine sanitären Anlagen.

In den Notunterkünften der Berliner Kältehilfe für Obdachlose herrscht akuter Platzmangel. Nach Angaben der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege betrug die durchschnittliche Auslastung Mitte vergangener Woche 97 Prozent.

Akuter Platzmangel in den Notunterkünften

Wegen des Platzmangels müssen Unterkünfte immer wieder überbelegt werden - einige bis zu 20 Prozent. In der Notübernachtung Lehrter Straße der Berliner Stadtmission etwa schlafen zum Teil bis zu 170 Menschen, obwohl es eigentlich nur 125 Schlafplätze gibt, wie Liga-Sprecher Sebastian Peters sagte. „Praktisch ist in den Betten-Zimmern kein Platz für mehr Betten. Also bleiben die Obdachlosen nach dem Abendessen im Speisesaal und machen es sich auf Boden und Bänken so bequem wie möglich“, schilderte Peters die Lage. Decken seien in der Regel vorhanden, Schlafsäcke seien Mangelware. Alle Einrichtungen der Kältehilfe bräuchten daher dringend Spenden.

Laut Ursula Schoen von der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege fehlen 400 Plätze. „Wir können nur hoffen, dass für die längeren Frostperioden im Januar weitere Plätze geschaffen werden können.“

Alle Berliner sollen auf Obdachlose achten

Alle Berlinerinnen und Berliner seien dringend darum gebeten, auf Obdachlose zu achten. „Schauen Sie, ob die Personen ansprechbar sind, ob sie etwas brauchen. Rufen Sie die Kälte- oder Wärmebusse und im Notfall die Feuerwehr“, bat Schoen.

Im Januar 2020, vor knapp vier Jahren, wurden in Berlin 2000 Obdachlose in Notübernachtungen und im öffentlichen Raum gezählt. Andere Zahlen sind zum Teil sehr viel höher, genannt werden bis zu 50.000 Menschen in Berlin, die keine Wohnung haben.