KURIER kämpft

Kein Geld mehr: Berlins einziges Wander-Kino vor dem Aus?

Auf zwei Rädern rollt das einzige Wander-Kino Berlins im Moabiter Kiez zu seinen Fans und an ungewöhnliche Orte. Aber die Finanzierung wird gestoppt.

Author - Susanne Dübber
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Auf dem Wagen der Beamer, links im Kasten die zusammengefaltete Leinwand, im Koffer unten rechts Kabel sowie das rote Glöckchen, mit dem zu Filmbeginn geläutet wird. So kommt das Moabiter Wander-Kino mit Maren Dorner und Jae-Pyung Park vom Verein Moabiter Filmkultur e. V. überall hin.
Auf dem Wagen der Beamer, links im Kasten die zusammengefaltete Leinwand, im Koffer unten rechts Kabel sowie das rote Glöckchen, mit dem zu Filmbeginn geläutet wird. So kommt das Moabiter Wander-Kino mit Maren Dorner und Jae-Pyung Park vom Verein Moabiter Filmkultur e. V. überall hin.Susanne Dübber

Das kleine Kino rollt auf zwei großen Reifen durch den Moabiter Kiez. Auf den Handkarren geladen sind Beamer, Stativ, Leinwand! Überall, ob drinnen oder draußen, wird seit 14 Jahren Berlins einziges Wander-Kino fix aufgebaut. Doch jetzt ist die Film-Freude bedroht. Die finanzielle Förderung läuft aus, die Macher vom Verein Moabiter Filmkultur brauchen Unterstützung.

Verein sammelt Unterschriften für den Erhalt des Wander-Kinos in Berlin

Bei change.org werben sie um Unterschriften. Maren Dorner ist eine von 55 Vereinsmitgliedern und erzählte dem KURIER, was los ist. „Wir bekamen 15.000 Euro im Jahr vom städtebaulichen Förderprogramm ‚Lebendiges Zentrum Turmstraße‘.“ Das wird nun eingestellt. Steht das Wander-Kino damit vor dem Aus?

Die Historikerin erinnert an legendäre Film-Events, zu denen das Wander-Kino rollte. „Da war der glamouröse Abend im Oldtimer-Depot. Wir haben ,Der Tod im Roten Jaguar‘ gezeigt, ein Jerry-Cotton-Streifen aus dem Jahr 1968.“ Oder die Vorführung des Defa-Dokumentarfilms „Märkische Ziegel“ (1989) von Volker Koepp im Schiff am Museumshafen in Mitte. Auch zu anderen ungewöhnlichen Locations wie Fahrradladen und Architekturbüro rollte das Kino bereits. Am Samstag, 5. Juli 2025, ist es im Gesundheits- und Sozialzentrum Moabit in der  Turmstraße 21 unterwegs Da steigt ab 22 Uhr im Freien die Moabinale mit Kurzfilmen von Studierenden.

Achtung, Achtung, hier kommt ein Kino! Der Verein Moabiter Filmkultur e. V. transportiert per Handkarren die schönsten Filme in den Kiez zu den Fans.
Achtung, Achtung, hier kommt ein Kino! Der Verein Moabiter Filmkultur e. V. transportiert per Handkarren die schönsten Filme in den Kiez zu den Fans.Susanne Dübber

Viele Locations sind um die Ecke im Bezirk, in zehn, zwanzig Minuten ist das Film-Wägelchen dorthin gezogen. Bedingung ist für den Ort nur eins: Die Raumhöhe darf nicht unter vier Metern sein. Sonst passen die Untertitel nicht mehr auf die Leinwand. Wichtig sind auch nicht zu enge Zugänge, betont Künstler „Jae-Pyung Park“. Er manövriert das Wander-Kino geschickt durch die Tür und draußen auf der Straße sagen Passanten gleich „Hallo“ – die vielen Fans kennen das Wander-Kino.

Mit Panzerband und Co.: So funktioniert Berlins kleinstes Wander-Kino

Jae-Pyung Park hebt den Holzdeckel hoch. Drin sind die Holzplatte, auf die der Beamter gestellt wird, die vielen Kabel, die kleine Glocke, mit der die Kino-Macher jeden Filmbeginn einläuten, zwei Lichtstäbe, denn im Freiluft-Kino ist es oft dunkel. Das Wichtigste: „Die Rolle mit dem Panzerband, mit dem befestigen wir Kabel.“

So perfekt und knapp passt das Kino-Wägelchen geradewegs durch die Tür, führt Jae-Pyung Park vor.
So perfekt und knapp passt das Kino-Wägelchen geradewegs durch die Tür, führt Jae-Pyung Park vor.Susanne Dübber

Zwei Personen brauchen bis zu zwei Stunden für den Aufbau. „Für das Aufknöpfen der Leinwand auf die Faltrahmen sind kräftige Finger nötig.“ Wie am 5. September in einem Innenhof von Wohnhäusern, wenn „Black Box“ von Asli Ösge gezeigt wird. Auch der Film wurde in einem Hinterhof gedreht. Eine Halle voll Möbel, Teppiche, Geschirr und Kleidung in Spandau soll im Oktober die Kulisse für den polnischen Film „Lombard – das Pfandhaus“ geben.

Es wäre ein Verlust, wenn das Wander-Kino in Berlin nicht mehr rollen würde

Ein Verlust wäre es, wenn das Kino nicht mehr rollen würde, bestätigt der Berliner Filmhistoriker Jan Gympel: „Es ist wichtig, dass Film und erst recht Filmgeschichte zu den Menschen kommt. Und es ist um so schöner, wenn das in einem Stadtteil wie Moabit passiert, wo kulturell ja nicht so viel los ist, und in einem Rahmen, wo nicht nur jeder für sich guckt, sondern man sich über die Filme auch direkt austauschen kann.“

Haben Sie auch Ärger, Probleme, Fragen? „KURIER kämpft“ kümmert sich um Ihre Sorgen. Schreiben Sie an: leser-bk@berlinerverlag.com