Klingt erstmal gut: Berlin hat am Donnerstag die Bußgelder für Müllsünder drastisch erhöht (KURIER berichtete). Wer eine Kippe achtlos in die Botanik wirft, soll 250 statt bisher 55 Euro Strafe zahlen. Die Betonung liegt auf „soll“. Denn schon bisher werden Müllverstöße kaum geahndet, fehlt das Personal für Kontrollen. KURIER kennt die Zahlen aus den Bezirken.
Berlin hat 3.897.145 Einwohner, rund jeder Fünfte ab 15 Jahren raucht in der Stadt. Dazu kommen pro Jahr Millionen von Touristen, die gerne paffen. Das sieht man auf den Straßen: Überall werden Zigarettenstummel fallengelassen. Täglich tausendfach. Berlins Bezirke könnten sich mit den verhängten Strafen sanieren. Doch wie oft schlagen die Mitarbeiter der Ordnungsämter zu? Auf Platz 1 der eifrigsten Bezirke liegt Friedrichshain-Kreuzberg. Erfasste Delikte (weggeworfene Kippen, Kaugummis und Einwegbecher) für das Jahr 2023: insgesamt 23 (!) – kassiert wurden gerade mal 1265 Euro!
Weggeworfene Kippen: Acht Bezirke kassieren gar nicht
Der Grünen-Abgeordneten Julia Schneider liegen die Zahlen für die Bezirke vor, berichtet die B.Z. Nur noch drei weitere Bezirke kassierten überhaupt Bußgelder. Charlottenburg-Wilmersdorf (6 Delikte) nahm 330 Euro ein, Mitte (2 Delikte) 110 Euro und Neukölln erfasste gerade mal einen Dreckspatz (55 Euro).
In Lichtenberg, Pankow, Marzahn-Hellersdorf, Reinickendorf, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick dagegen kann man Zigarettenkippen und sonstigen Kleinmüll ohne Angst vor Strafe einfach fallen lassen. Die Mitarbeiter dieser Ordnungsämter erfassten nicht mal ein einziges Vergehen! Das heißt: In ganz Berlin wurden nur 1760 Euro eingenommen ...
Die Grünen-Politikerin Julia Schneider macht sich über den neuen Bußgeldkatalog lustig: „Eine nette Idee, wenn die Bußgelder auch durchgesetzt werden. Dann könnte ich mir einen Abschreckungs-Effekt vorstellen“, sagte sie der B.Z.
Etwas schärfer sind die Kontrollen bei Hundebesitzern. Hier kamen im Jahr 2023 immerhin 58.635 Euro für nicht entfernten Hundekot zusammen. Die meisten Hundebesitzer wurden in Friedrichshain-Kreuzberg (680 Delikte/33.055 Euro), Charlottenburg-Wilmersdorf (352/11.075 Euro) und Mitte (141/7375 Euro) auf frischer Tat ertappt. In drei Bezirken passiert aber auch hier nichts: Marzahn-Hellersdorf, Reinickendorf und Spandau meldeten jeweils 0 Delikte.
Bleibt die Frage: Was nutzen höhere Bußgelder, wenn oft sowieso nicht kontrolliert wird. So viel müssen Sie übrigens zahlen, wenn Sie überraschenderweise doch mal geschnappt werden.
Das sind die neuen Strafen für Müllsünder
+ Hundekot nicht entfernen: 80 Euro
+ Zigarettenkippen, Plastiktüten, Einwegbecher: 250 Euro
+ Müllsack: 500 Euro pro Stück
+ Sperrmüll illegal entsorgen: 8000 Euro
+ Feuer anzünden in Grünanlagen: 200 - 10.000 Euro


