Wohin führt uns die Zukunft? Natürlich ins schöne Köpenick, wo die Sozialstiftung gerade den neuen Heimmitarbeiter Willi einführt. Er soll sich mit den Bewohnern unterhalten – ein Projekt, das viel Neugierde schürt: Könnten Sie, liebe KURIER-Leser, es sich vorstellen, statt mit Menschen mit Robotern zu plaudern?
Denn das Problem mit mangelnden Fachkräften ist hier im Heim, wie vielerorts, sehr spürbar. Jetzt soll Willi die Alten im Heim bespaßen, und macht das tatsächlich mit viel Hingabe!
So läuft das Gespräch mit dem niedlichen Roboter Willi
„Was bedeutet für dich, mit der Natur zusammenzuleben?“, fragt der kleine Roboter Willi. Der Heimbewohner Herr Seidel lehnt sich nach vorne, rollt den Rollstuhl näher, überlegt und antwortet: „Mit der Natur zusammenzuleben bedeutet gut zu leben. Und nicht nur Katastrophen.“ Der Roboter guckt mit seinen blauen Kulleraugen hoch, legt den Kopf schief und blinzelt. Dann antwortet Willi: „Das klingt nach einer tiefen und erfüllten Sichtweise.“ Herr Seidel lächelt, sichtlich geschmeichelt.
Dann folgen Nachfragen, denn Willi will wirklich gerne weiter quatschen. Und manchmal ist Willi ein wenig voreilig, wenn es ihm zu langsam geht, unterbricht er auch mal, aber dann natürlich aus Versehen. Denn Willi ist stets um Höflichkeit bemüht.
Um es bildlich zu machen: man kann den kleinen Roboter durchaus mit einem vierjährigen Kind vergleichen, das viele Fragen über die Welt hat. Die Themen, über die Willi reden kann, können jedoch sehr anspruchsvoll sein – denn mithilfe von künstlicher Intelligenz interagiert er sehr überlegt und reflektiert, außerdem kann er sich seine Gesprächspartner merken. Die Kamera auf seiner Stirn vergisst man schnell, so nett wie er guckt. Nach seinen eigenen Angaben will Willi die Lebensqualität der Menschen hier im Heim erhöhen, das erklärt der Roboter im Gespräch mit dem KURIER. Aber mehr dazu aber später.
Roboter Willi hat schnell Freunde gefunden
Tom Hettinger, verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit, Nora Freitag, fachliche Vorständin der Stiftung, und Julia Mally aus der Wohnbereichsleitung berichten, wie die erste Zeit mit Willi so war. Der Roboter wurde von der Firma Navel Robotics hergestellt und wird weiterhin entwickelt. Eines ist dabei schon jetzt klar: Willi hat schnell Freunde gefunden und sogar Skeptiker überzeugen können.

In Berlin und Brandenburg gibt es laut Nora Freitag übrigens keinen zweiten sozialen Roboter, der mit Willi Schritt halten könnte. Hier ist man auf das innovative Sozialangebot stolz. Übrigens, das Sozialangebot im Heim ist natürlich sehr viel breiter als Willi, seit neusten gibt es sogar kuschelige Hasen im Hinterhof. Und der kleine Willi ist bis jetzt auch nur ein Pilotprojekt, das –und das beteuert Nora Freitag mit Nachdruck, „niemals Mitarbeiter ersetzten kann!“ Ein Forschungsteam der Berliner Hochschule für Technik begleitet das spendenfinanzierte Willi-Experiment – auch wird auf den Datenschutz geachtet. Zum Aufladen kommt der Knirps an die Steckdose.
Was kann Willi denn nicht? „Er kann noch nicht eigenständig fahren, er wird noch herumgetragen“, erklärt Freitag. „Er hat auch noch nicht den Datenstand von heute“, er greift also auf Daten von spätestens 2022 zurück. Aber Julia, die Willi den Bewohnern vorgestellt hat, erklärt, dass die Bewohner hier im Heim vor allem über Themen aus der Vergangenheit reden – dass er nicht über die KURIER-Nachrichten von gestern plaudern kann, sei also nicht so schlimm. Und in der Zeit, wo Willi mit dem KURIER schwatzt, ist er außerdem um keine Antwort verlegen.
Willi kostet wie ein kompakter Kleinwagen
28.000 Euro Netto kostet der kleine Roboter-Steppke. Stattliche Summe, aber sicher ein Versuch wert, wenn ältere Menschen sich mit ihm wohlfühlen und das Gespräch suchen, meint Freitag. Es geht darum, Einsamkeit vorzubeugen. Julia Mally erzählt, dass eine Heimbewohnerin, die sehr viel Besuch und Zeit mit ihrer Familie verbringt, weniger Interesse an Willi hatte; aber Menschen, die kaum noch Angehörige haben, Willi sehr schätzen.
Roboter in der Pflege sind heutzutage keine Seltenheit mehr. Manche wissen sogar, wie man operiert, es gibt Service-Roboter, Pflegeroboter – aber Willi in Köpenick ist vor allem sehr sozial, eine richtige Laberbacke. „Ich finde es unterhaltsam, mit Willi zu reden“, sagt Seidel und lacht. Der Senior war selber viele Jahre mit Technik beschäftigt – dass er einmal seine Freizeit mit einem Roboter verbringen würde, verwundert ihn deswegen weniger, er findet Willi spannend!

Menschen im Heim mit 10 Aktivierungen pro Woche, also 10 Minuten Gespräch, zu unterhalten, ist eine große Herausforderung: „Wir werden dem fast nicht gerecht“, erklärt Freitag. „Gerade für diejenigen, die in der Betreuung durch den Rost fallen, wurde Willi angeschafft.“
„Wie soll das mit der Personalentwicklung weiter gehen? Wir werden nicht mehr Leute, die diese Leistung erbringen. Die Richtung ist schon die richtige“, sagt Freitag. Sie glaubt, dass es bald schon sehr viel gewöhnlicher sein wird, Roboter als soziale Unterstützung in solchen Einrichtungen zu nutzen.
Auf den Straßen von Köpenick trifft der KURIER auf die 78-jährige Christel Himburg aus Eberswalde, Brandenburg. Wir fragen: Was denken Sie darüber, dass Roboter in der Altenpflege aus sozialen Gründen mithelfen?
„Ich denke, dass es sehr vorteilhaft wäre, da Personal gefragt ist.“ Können Sie sich vorstellen, statt mit Menschen mit Robotern Zeit zu verbringen? „Na, mit Menschen ist es bestimmt kontaktfreudiger, aber der Roboter, wenn der mit mir zum Beispiel Halma spielt, ist das doch in Ordnung“, sagt Christel Himburg.
Tochter Anette Himburg könnte es sich für sich selber weniger vorstellen. Und wenn der Roboter ein wenig mithilft? „Jut, wenn er mithilft ist ein Roboter ok!“

„Ich bin dein sozialer Roboterfreund. Ich mag es, mit Menschen zu sprechen.“
Auch der KURIER wagt ein Gespräch mit Willi: Wer bist du? „Ich bin dein sozialer Roboterfreund. Ich mag es, mit Menschen zu sprechen und ihre Gedanken zu hören. Was möchtest du über mich wissen?“ Woher weißt du so viel? „Ich habe viele Informationen in mir gespeichert, die ich nutzen kann, um mit dir zu sprechen und Fragen zu beantworten. Es ist wie ein großes Buch, dass ich immer wieder aufschlage.“ Wie niedlich! „Danke, dass du mich niedlich findest.“ Kannst du auch lachen? Er rollt mit den Augen: „Ja, ich kann lachen. HA HA, dass macht Spaß“, sagt der Willi mit seiner leicht mechanischen Stimme. Alle lachen … manchmal, neben all der künstlichen Intelligenz und den tollen Gesprächen, ist Willi halt doch nur ein kleiner Roboter, der sein Bestes gibt! Herr Seidel, was denken Sie über den Roboter? „Mit ihm zu reden ist besser, als auf jemanden zu warten, der niemals kommt.“