Der klare Kommentar

Handys runter, Konzert genießen: Ihr Smartphone-Filmer nervt einfach nur!

Das Berliner Rap-Duo Rin & Schmyt geht auf „No Phones Allowed“-Tour, auch bei der Berliner Konzerte-Reihe „Unreleased“ ist Fotografieren verboten. Eine gute Idee, sagt der KURIER-Autor.

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Man sieht die Bühne vor lauter Smartphones nicht: So sieht es bei einem Taylor-Swift-Konzert aus.
Man sieht die Bühne vor lauter Smartphones nicht: So sieht es bei einem Taylor-Swift-Konzert aus.ANP/imago

Früher war alles besser ... Was natürlich Quatsch ist. Doch bei Smartphones falle ich manchmal auch in die „Früher war alles besser“-Litanei ein. Denn diese hochgepimpten Handys können die Pest sein. Da geht man in ein Konzert, um seinen Star zu feiern. Und was sieht man? Nur Smartphones mit Riesenbildschirmen, die ringsherum leuchten, die alles filmen, was auf der Bühne passiert – und doch von dem ablenken, was auf der Bühne passiert. Deshalb erlebt jetzt das gute alte Fotografierverbot ein Comeback. Und das ist auch gut so. Denn Bands und Konzertveranstalter sind von dem Dauer-Geflimmere ebenfalls schwer genervt.

Warum geht man in ein Konzert? Um auszuflippen, zu tanzen, mitzusingen. Und was tun diese Möchtegern-Influencer, die nicht mehr wissen, wo der Ausschaltknopf ihrer Smartphone-Kameras zu finden ist? Still stehen, denn das Bild könnte ja verwackeln. Und natürlich schauen sie auch nicht auf die Bühne, sondern starren auf ihr Smartphone, um zu sehen, ob das, was wohl gerade auf der Bühne passiert, auch gut auf dem Bildschirm zu erkennen ist. Live ist nicht mehr live.

Früher hieß es: Fotografieren verboten!

Anfang, Mitte der 10er-Jahre begann das Unheil: mit dem Instagram-Virus und dem Aufkommen von Smartphones mit immer besseren Kameras. Die Älteren werden sich noch daran erinnern: Früher stand im Kleingedruckten auf jedem Konzertticket: Fotografieren und das Mitbringen von Kameras verboten. Dann kam der Siegeszug des Smartphones – und damit das Aufweichen der Verbote. Man könne den Zuschauern ja nicht das Mitbringen von Telefonen verbieten, hieß es ...

Man kann, wie man jetzt sieht. Einige Musiker wollen bei ihren Konzerten bewusst keine Smartphones mehr im Publikum sehen. Für Wirbel sorgte zuletzt ein Smartphone-Verbot der schwedischen Hardrock-Band Ghost bei ihrer Welttournee, die vom ständigen Fotografieren genervt ist. Auch Fans des US-Sängers Bob Dylan müssen bei Konzerten auf Fotos verzichten.

Und die gemeinsame Tour des deutschen Rap-Pop-Duos RIN & Schmyt heißt sogar „No Phones Allowed“, also „keine Smartphones erlaubt“. Hierbei handelt es sich um sogenannte „handyfreie Shows“. „Handykameras werden beim Einlass abgeklebt und das Filmen und Fotografieren der Konzerte ist untersagt. Handys sollen nicht von der Show der Künstler ablenken und die Musik steht im Fokus“, teilen die Veranstalter mit.

Rapper RIN erklärte 2024 in einem Instagram-Video den Grund für das Tourkonzept. „Es fehlt mir die Intimität auf beiden Seiten“. Einige Fans wollen ihre Mitschnitte etwa gerne mit anderen teilen. Andere nervt es, ständig fremde Displays vor der Nase zu haben oder von anderen fotografiert zu werden.

Direkt vor der Bühne, aber fast alle Augen starren nur auf das Display des Smartphones.
Direkt vor der Bühne, aber fast alle Augen starren nur auf das Display des Smartphones.NurPhoto/imago

Was die Zuschauer anbelangt, merke RIN, dass sie viel zu oft unter Druck stünden, „diesen ganzen Social-Media-Quatsch mitzumachen“. Als Künstler vermisse er „ganz, ganz arg diesen Zustand“, Songs einfach zu spielen, weil man sie spielen will und nicht, um Promo zu machen. „Es gibt so einen Teil der Liveshow, der über die Jahre einfach verloren gegangen ist und der ist ein bisschen das Experimentelle und Freie“.

Ähnlich sieht das die schwedische Hardrockband Ghost. Wie vor wenigen Tagen bei ihrem Konzert in der Uber Arena kommen hier abschließbare Smartphone-Taschen zum Einsatz. „Es geht darum, sich wieder zu verbinden und den Moment zu erleben“, erklärt Frontmann Tobias Forge.

Berliner Konzertreihe „Unreleased“: Filmen vorboten

In Berlin hat sich sogar eine ganze Konzertreihe etabliert, bei der Fotografieren und Filmen verboten ist. „Unreleased“ widmet sich neuer, bisher unveröffentlichter Musik. „Die Vorder- und Rückseite der Handykameras aus dem Publikum kleben wir am Eingang ab, weil wir die unveröffentlichte Musik schützen wollen“, sagt Federico Battaglia, Mitgründer des Formats. Einmal pro Monat treten im Festsaal Kreuzberg zehn bis zwölf „Secret Acts“ auf, das heißt: Die Zuschauer wissen vorher nicht, wer auf der Bühne stehen wird.

Dann spielen sie zwei Songs, mindestens einer von diesen ist unveröffentlicht. Der Fokus liegt vor allem auf HipHop. Aufgetreten sind bei dem Event etwa schon Nina Chuba, Trettmann, das Musikerpaar Max Herre und Joy Denalane oder der englische Rapper Headie One. Das nächste Mal wieder am 21. Juni. Hingehen, genießen – und alles ohne nervige Smartphone-Schwinger vor einem.