Horror in zwei Sekunden

Hammer-Urteil: Lkw-Fahrer fährt Radfahrerin tot – 6300 Euro Strafe

Tragischer Unfall in Berlin: Ein Lkw-Fahrer erfasst eine Radfahrerin und tötet sie. Vor Gericht schildert er die Sekunden des Versagens.

Author - Berliner KURIER
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Steffen P. übersah eine Radfahrerin, überrollte sie. Die Frau starb noch am Unfallort. nun saß er in Berlin vor Gericht.
Steffen P. übersah eine Radfahrerin, überrollte sie. Die Frau starb noch am Unfallort. nun saß er in Berlin vor Gericht.Olaf Wagner/Pressefoto Wagner

Raus aus dem Stau und kurz in einen Supermarkt wollte der Lkw-Fahrer. Er bog in Berlin auf einen Parkplatz ein. Doch dann die zwei Sekunden, in denen er versagte. Steffen P. (63) ist angeklagt wegen fahrlässiger Tötung einer Radfahrerin (63). Vor Gericht sagte er nun mit gesenktem Kopf: „Ich bin angefahren, habe mich vergewissert und geguckt, aber ich habe die Radfahrerin nicht gesehen. Dann ein Knall. So furchtbar.“

An einem Supermarkt-Parkplatz passierte das Unglück

Die Frau war am Morgen des 3. Juli 2023 auf der Malteserstraße in Marienfelde unterwegs. Karen U. (Name geändert) fuhr gemächlich auf dem markierten Fahrradweg. Plötzlich ein Lkw. Eine Augenzeugin (44): „Sie machte noch eine Ausweichbewegung, aber es war zu spät.“

Der Horror-Crash um 8.53 Uhr: Mit der rechten vordere Fahrzeugfront wurde die Frau erfasst. Sie stürzte, kam mitsamt ihrem Rad unter das Fahrzeug, wurde danach von ihm überrollt, noch kurz mitgeschleift. Ein Rettungssanitäter (44) wurde zufällig Zeuge: „Ich rannte sofort hin, aber jede Hilfe kam zu spät.“ Schwerste Kopfverletzungen. Karen U. starb noch am Unfallort. Der Lkw-Fahrer stand unter Schock, wurde in ein Krankenhaus gebracht.

Der Angeklagte Steffen P. mit seiner Verteidigerin. Das Gericht verteilte den Lkw-Fahrer zu einer Geldstrafe.
Der Angeklagte Steffen P. mit seiner Verteidigerin. Das Gericht verteilte den Lkw-Fahrer zu einer Geldstrafe.Olaf Wagner/Pressefoto Wagner

Die Ermittler stellten fest: Er hätte den Unfall vermeiden können. Erster Fehler: Er hätte an der Stelle nicht auf den Parkplatz fahren dürfen, ein Verbotsschild aber war von Blättern verdeckt. Steffen P.: „Völlig zugewachsen und auch noch weggedreht.“ Erst später sah er: Es handelte sich um eine Ausfahrt.

Dann das Abbiegen. Fahrer P.: „Ich bin langsam gefahren, maximal mit 10 km/h.“ Seit 43 Jahren sei er Berufskraftfahrer, noch nie sei etwas Schlimmes passiert. Steffen P. kämpfte mit den Tränen: „Es tut mir unendlich leid, was ich der Familie angetan habe.“

Gutachterin: Verunglückte Radfahrerin fuhr im toten Winkel

Ein technischer Gutachter: „Die Radfahrerin war parallel unterwegs und genauso schnell wie der Lkw.“ Bäume hätten P. die Sicht nach rechts genommen. Als er zum Abbiegen ansetzte, habe sich die Frau rechts vor dem Lkw in einem „toten Winkel“ befunden. Der Experte: „Aber beim Rechtsabbiegen innerorts müssen Lastwagen Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn mit Fußgängern oder Radfahrern zu rechnen ist.“ Bei einem Tempo von maximal 7 km/h hätte P. rechtzeitig stoppen können. Der Experte: „Es ist in solchen Situationen so langsam zu fahren, dass alle anderen fliehen können.“

Der Richter zum Angeklagten: „Sie hätten damit rechnen müssen, dass hinter den Bäumen jemand ist. 10 km/h waren noch zu viel. Zwei Sekunden – ein Augenblicksversagen.“ Die Strafe wie von der Staatsanwältin beantragt: 6300 Euro (90 Tagessätze zu je 70 Euro). KE.