Der wieder geltende volle Mehrwertsteuersatz für Essen im Lokal führt nicht überall in Berlin zu steigenden Preisen auf der Speisekarte. „Wir haben unsere Karte noch nicht geändert“, sagte etwa Jörn Brinkmann, der Geschäftsführer der Ständigen Vertretung, eines besonders bei Touristen beliebten Restaurants mit rheinischer Küche in der Nähe des Bahnhofs Friedrichstraße.
Auch im Drehrestaurant in der Kugel des Berliner Fernsehturms gibt es bisher noch keine Preisänderung. „Wir haben die Erhöhung entsprechend in unserem Budget berücksichtigt und möchten die Mehrkosten durch eine Erweiterung unseres Speisenangebotes zum Beispiel in unserer neuen Sphere Bar kompensieren“, teilte das Restaurant auf Anfrage mit.
Die Berliner Burgerkette Burgermeister hält die Preise für ihre Speisen bisher ebenfalls stabil. „Burgermeister hat als Konzept ohnehin ein großes Lieferdienst- und Takeaway-Geschäft, weshalb die Erhöhung uns nicht in dem Maße trifft wie eventuell andere klassische Gastronomen“, sagte Betriebschef Leander Brune. Der volle Mehrwertsteuersatz gilt nicht für Speisen, die mitgenommen oder geliefert werden. Brune: „Wir versuchen auch durch die laufende Expansion, durch die Einkaufspreise und die ständige Optimierung unserer internen Arbeitsabläufe den Preis für den Kunden stabil zu halten – das gelingt uns bisher sehr gut.“
Ein Satz neuer Speisekarten kostet bis zu 5000 Euro
In der Ständigen Vertretung verweist Geschäftsführer Brinkmann vor allem auf die hohen Kosten, die eine Änderung der aufwendig gestalteten Speisekarten bedeuten würde. Bis zu 5000 Euro müsste er demnach aufwenden, um einen neuen Satz zu erstellen. „Wir haben deshalb überlegt, dass wir die Karte erst im Februar oder März wechseln“, sagte er. Dann könnten sich auch die Essenspreise erhöhen.
Insbesondere größere, bei Touristen beliebte Häuser hätten es dabei aber leichter. „Für Engländer, Spanier oder Franzosen sind wir ohnehin schon nicht sehr teuer. Und im Urlaub sitzt der Geldbeutel meist lockerer“, betonte Brinkmann.
Seit Anfang des Jahres gilt wieder der volle Steuersatz von 19 Prozent
Kleinere Kiezrestaurants, die vor allem auf ihre Stammkunden aus der Gegend angewiesen sind, könnten es durchaus schwerer haben, sagte Brinkmann von der Ständigen Vertretung. Wenn sich dort die Preise erhöhten, kämen die Gäste möglicherweise deutlich seltener.
Um die Branche während der Corona-Krise zu entlasten, hatte die Bundesregierung Mitte 2020 die Mehrwertsteuer für Restaurantspeisen auf sieben Prozent gesenkt. Die Ampelkoalition verlängerte die Maßnahme mehrfach, unter anderem wegen der Energiekrise und der hohen Inflation. Seit Anfang des Jahres gilt aber wieder der volle Steuersatz von 19 Prozent. Bei Bringdiensten und Essen zum Mitnehmen bleibt es dagegen beim ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent für Speisen.
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hatte über Monate versucht, die Erhöhung zu verhindern, und fürchtet weiterhin gravierende Folgen für die wirtschaftlich angeschlagene Branche. „Unverständnis und Empörung in der Branche sind nachvollziehbar nach wie vor groß“, teilte der Verband am Freitag mit. „Die Steuererhöhung um zwölf Prozentpunkte ist ein massiver Kraftakt für unsere Branche und Steuerfairness sieht definitiv anders aus.“