Luca Piwodda

Brandenburgs jüngster Bürgermeister (24) redet auch mit der AfD

In der Kleinstadt Gartz (Oder) ist der Jungpolitiker mit seiner Minipartei FPA erfolgreich – mit einer klaren Ansage an die etablierten Parteien.

Author - Joane Studnik
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Luca Piwodda ist mit 24 Jahren Brandenburgs jüngster Bürgermeister.
Luca Piwodda ist mit 24 Jahren Brandenburgs jüngster Bürgermeister.imago/Panama Pictures

Wie soll man es mit der AfD und anderen extremistischen Parteien halten – verbieten, eine Brandmauer einziehen oder vielleicht doch kooperieren? Darüber wird vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg gerade verbissen gestritten. Auf der Bundesebene bemühen sich CDU und andere Parteien um Abgrenzung, in Thüringen kann sich das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) vorstellen, zu Sachthemen auch mal mit der als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD zu stimmen.

In der Provinz finden viele Lokalpolitiker solche Diskussionen weltfremd: In vielen Gegenden Ostdeutschlands erreicht die AfD 30 Prozent und mehr der Stimmen; Vertreter der Partei sitzen in Kreis- und Landtagen. So auch in Gartz an der Oder, einer Kleinstadt an der Grenze zu Polen mit nicht einmal 2500 Einwohnern. Berühmt ist die Stadt vor allem für ihren Bürgermeister, den erst 24-jährigen Luca Piwodda. Der Jungpolitiker aus dem nahen Schwedt an der Oder kommt aus einem SPD-Haushalt, war bereits als Teenager bei vielen Parteiveranstaltungen und absolvierte ein Praktikum bei einem SPD-Bundestagsabgeordneten. 

Neue Partei FPA gegründet und nach elf Monaten bereits erfolgreich Wahlen in Brandenburg gewonnen

Den Sprung in die Politik machte er aber nach seinem Politikstudium zusammen mit einigen Mitstreitern und einer eigenen Minipartei: Der Freiparlamentarische Allianz (FPA). Bereits elf Monate nach der Parteigründung gelang der FPA-Kandidatin Inge Reppenhagen 2019 in Gartz die Bürgermeisterwahl zu gewinnen, in Schwedt sitzt die FPA im Stadtparlament. Und 2024 war Luca Piwodda als Nachfolge-Kandidat für das Gartzer Bürgermeisteramt selbst erfolgreich.

Die besondere Situation: Als Bürgermeister-Kandidat war Piwodda zwar erfolgreich, ein AfD-Bewerber erhielt als Stadtverordneter jedoch mehr Stimmen, als er selbst. In dem Stadtparlament sitzen nun vor allem parteilose Einzelkandidaten und einige wenige Vertreter von CDU, SPD und die Linken-Politikerin Evelin Wenzel sowie der Vertreter einer lokalen Wahlliste. In dieser Situation muss Piwodda die Stadt nun regieren. 

„Man darf nichts mehr sagen“: Tatsächlich wollen Leute gehört werden

Wie er das macht, erklärte er am Montagabend in der ARD-Sendung „Hart aber Fair“: Er redet mit allen, auch dem Vertreter der AfD. Dieser, im Beruf Installateur, habe auf eigene Kosten den Stadtbrunnen restauriert. Darüber redet Piwodda mit ihm wie mit allen anderen Stadtverordneten –  über konkrete Belange der Stadt. Das eigentliche Problem sei, dass andere Parteien in der Brandenburger Provinz kaum noch sichtbar seien, keine Ortsvereine mehr betrieben. „Meistens sind die Parteien vor Ort überhaupt nicht präsent“, erklärt Piwodda in Hinblick auf den aktuellen Wahlkampf zur Landtagswahl am 22. September. Lediglich der SPD-Kandidat für Gartz und Schwedt Michael Witt mache Veranstaltungen, ansonsten würden die etablierten Parteien nur Plakate aufhängen.

Auch in seinem Ort höre er häufig das Wehklagen von Leuten, sie könnten heutzutage ihre Meinung nicht mehr sagen. Man müsse verstehen, was damit eigentlich gemeint sei, erklärt Piwodda, tatsächlich meinten sie, „dass sie nicht gehört werden“. Wie denn auch, wenn keine Vertreter anderer Parteien vor Ort dauerhaft präsent und ansprechbar sind. ■