Prenzlauer Berg

Blutige Abrechnung in Berlin: Wer stach auf den Neonazi ein?

Nach einem Angriff auf einen Neonazi in Prenzlauer Berg stehen zwei Männer aus der linken Szene vor Gericht. Mit hohen Sicherheitsvorkehrungen.

Author - Berliner KURIER
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Der Angeklagte Kolja B. mit seinen Verteidigern. Er muss sich wegen eines Angriffs auf einen Neonazi in Prenzlauer Berg vor Gericht verantworten.
Der Angeklagte Kolja B. mit seinen Verteidigern. Er muss sich wegen eines Angriffs auf einen Neonazi in Prenzlauer Berg vor Gericht verantworten.Pressefoto Wagner

Drei Vermummte aus der linken Szene lauern einem Neonazi auf. Doch ein Messer kommt ins Spiel. Nach dem blutigen Kampf in Prenzlauer Berg stehen zwei Männer vor Gericht. Strenge Sicherheitsvorkehrungen: Vor dem Kriminalgericht ein halbes Dutzend Fahrzeuge der Polizei. Eine Demonstration von etwa 100 Leuten wird bewacht. Der Zugang zum Saal B129 erfolgt für Zuhörer getrennt nach politischem Lager.

Blutiger Angriff: Angeklagte geben sich zurückhaltend

Zurückhaltend die Angeklagten: Konrad E. (33, Sozialarbeiter) und Kolja B. (32, Historiker). Sie waren am 18. April 2024 mit einem dritten Mann in einem Wohnhaus in der Wichertstraße. Vorwurf: „Um eine politisch motivierte Gewalttat zu verüben.“ Ein Angriff auf Leander S. (24) sei geplant gewesen – S. ist Mitglied der Neonazi-Partei „III. Weg“.

Sie rückten mit Hammer und Reizgas an, laut Anklage auch mit einem Messer. Gegen 19.45 im Hausflur ein Kampf. Die Vermummten sollen S. geschlagen, getreten, ihn durch Stiche in Unterschenkel und Hand verletzt haben. Als sich das Geschehen vor das Haus verlagerte, habe es „wechselseitig ausgeführte Schläge“ gesetzt.

Dagegen die Version von E. und B.: „Ziel war es, ihm Angst einzujagen.“ Weil sie „etwas tun wollten gegen Gewalt durch Neonazis“. Sie seien nicht bewaffnet gewesen: „Keiner von uns hatte ein Messer“. Kolja B.: „Wir wollten ihn mit Übermacht zu Boden bringen.“

Bei dem Prozess gab es in und am Gericht erhöhte Sicherheitsvorkehrungen - zu politisch aufgeladen ist das ganze Verfahren.
Bei dem Prozess gab es in und am Gericht erhöhte Sicherheitsvorkehrungen - zu politisch aufgeladen ist das ganze Verfahren.Pressefoto Wagner

Doch sie hätten S. unterschätzt. Er habe sie bemerkt, skrupellos reagiert: „Mit einem Schrei kam er, stach sofort zu.“ In Todesangst hätten sie entkommen wollen. B.: „Er stach mehrmals auf mich ein.“ E. habe helfen wollen, sei getroffen worden – „ein Alptraum“. Konrad E.: „Die Narben werden mich ein Leben lang erinnern.“ Beide begaben sich in Psychotherapie.

Wer aber stach auf den Rechtsextremen ein? Die Angeklagten: „Die Verletzungen können wir uns nur so erklären, dass er sich im Gerangel selbst verletzt hat.“ S. sei ein Kampfsportler, leite Trainings – „wir haben uns naiv in die Situation begeben“.

Er zog ein Klappmesser, um sich zu verteidigen

S. als erster Zeuge: „Ich bemerkte vier bis sechs Personen. Sie gingen ohne Vorwarnung auf mich los.“ Er sei gefallen. S.: „Als eine Person auf mir saß und schlug, holte ich ein Klappmesser aus der Hosentasche, um mich zu verteidigen.“ Er habe „unkontrolliert“ auf den Mann eingewirkt.

Ob er sich selbst verletzt haben könnte? S.: „Am Bein ist unwahrscheinlich.“ Knapp seine Angaben zu Aktivitäten in der Neonazi-Partei: „Nur Mitglied, verteile Flugblätter.“ Warum ein Messer? S.: „Gibt Leute, die mit meiner Weltanschauung nicht klarkommen.“ Fortsetzung: 18. Dezember. KE.