Sie war eine sichere Radfahrerin. Bis Christa S. (69) umgerast wurde. Am Steuer ein Mann, der ohne Fahrerlaubnis und mit gefälschten Kennzeichen unterwegs war.
Wegen versuchten Mordes steht er nun vor Gericht: Moca B. (30), vier Kinder – drei davon leben in seiner serbischen Heimat. Er soll in Berlin auf Baustellen und bei Reinigungsfirmen gearbeitet haben. Seit sieben Monaten sitzt er in U-Haft.
Christa S. wurde gegen die Windschutzscheibe geschleudert, blieb auf der Fahrbahn liegen
Er war am 4. Mai 2022 in einem dunklen BMW unterwegs. In Falkensee (Havelland) dann eine Verkehrskontrolle. Ein Funkwagen signalisierte: „Stopp, Polizei!“ Er bog ab – links, rechts, ging kurz vom Gas, bog wieder ab. Die Anklage: „Dann beschleunigte er stark, um sich der Kontrolle durch Flucht zu entziehen.“
Der BMW zischte Richtung Spandau ab, verschwand in einer Staubwolke. Eine Polizistin (27): „Der Abstand wurde immer größer.“ Auf einer Tempo-30-Strecke habe er nach ihrer Schätzung auf bis zu 80 km/h beschleunigt. Er kam dann über einen schmalen Weg zum Finkenkruger Weg in Spandau, bog rechts ein.
Christa S. war gerade von einem Supermarkt auf die Straße gefahren. Die Rentnerin: „Ich war erst bei der Wassergymnastik, dann im Supermarkt.“ Auf dem Parkplatz hatte sie noch ihren Mann angerufen: „Bin gleich da.“ Sekunden später dann der Unfall. Christa S. wurde gegen die Windschutzscheibe geschleudert, blieb dann auf der Fahrbahn liegen.
Die Rentnerin: „Ich weiß noch, dass ich flog. Dann ist nichts mehr.“ Im Krankenhaus kam sie zu sich. Schwere Kopfverletzungen, diverse Knochenbrüche. Wochenlang wurde sie in Kliniken behandelt. Christa S.: „Inzwischen bin ich nicht mehr auf einen Rollator angewiesen.“
Sie legte bis dahin ihre alltäglichen Wege mit dem Rad zurück – „ich war eine sichere und vorsichtige Radfahrerin“. Seit dem Unfall aber falle es ihr schwer, Rad zu fahren. Noch immer sei sie in ärztlicher Behandlung. Die bemerkenswerte Zeugin: „Ich und mein Mann, den ich pflege, kämpfen uns so durch.“
Die Anklage geht davon aus: „Er nahm den Tod der Frau billigend in Kauf“
Feige war der Unfallfahrer nach der Kollision geflohen. Schüler einer nahe gelegenen Schule notierten Teile des Autokennzeichens. Die Brandenburger Beamten hatten bereits während der Verfolgung ihre Berliner Kollegen informiert. So schnappten sie B.
Die Anklage geht davon aus: „Er nahm den Tod der Frau billigend in Kauf.“ Es sei ihm darauf angekommen, sich der Kontrolle zu entziehen. Mordmerkmal: „Verdeckung einer anderen Straftat.“ Außerdem muss er sich wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens, vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung, Unfallflucht und Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten.
Bei Christa S. kam über einen der Verteidiger erst kurz vor dem Prozess ein Brief an – es tue ihm sehr leid, B. bat um Entschuldigung und bot 3000 Euro Schmerzensgeld an. Die Rentnerin: „Das nehme ich nicht an.“ Am zweiten Prozesstag (23. Februar) will Moca B. aussagen.■