Nach der Humboldt-Uni ist jetzt die Freie Universität Berlin in Dahlem zum Ziel von Israel-Hassern geworden. Am Dienstag haben dort mehrere Demonstranten einen Hof der Universität besetzt. Rund 80 bis 100 Personen waren nach Schätzungen einer Uni-Sprecherin beteiligt und bauten Zelte im Theaterhof der Hochschule auf.
Auf Fotos einer als „Student Coalition Berlin“ bei Instagram auftretenden Gruppe waren mehrere Zelte zu sehen. In einem von ihnen geteilten Live-Video rufen die Demonstranten Parolen wie „Fuck Israel“ und „Viva, viva Palästina“. Die Universität kündigte ein rasches Vorgehen an. „Die FU hat die Räumung angeordnet und die Polizei gerufen“, so die Sprecherin.
„Wir besetzen die Freie Universität Berlin“, hieß es in einer Ansprache der Besetzer. Dies geschehe in Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Kritisiert wurde das Vorgehen der Armee in Gaza. Dies erfordere sofortige Reaktionen und internationale Solidarität, hieß es zur Begründung des Protests.
Auf Plakaten wurde zum Streik als Form des Widerstands aufgerufen. Fahnen mit den palästinensischen Farben waren zu sehen.
Teilnehmer versuchten, in Hörsäle der FU einzudringen
Am Nachmittag hat die Berliner Polizei das Protestcamp geräumt. Die Teilnehmer wurden per Lautsprecher aufgefordert, das Gelände zu verlassen. Einzelne Personen seien wegen Volksverhetzung und Hausfriedensbruchs vorübergehend festgenommen worden, schrieb die Polizei im Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter.
Die Polizei räumt das spontane Pro-Palästina-Protestcamp auf dem Campus der FU in Dahlem. Es kommt zu Festnahmen. #FUBerlin #Berlin #Protestcamp #Palästina #Palestine #Israel #Gaza #Gazastreifen #Hamas #Nahost #Nahostkonflikt pic.twitter.com/h75xUlDVLQ
— Berliner Zeitung (@berlinerzeitung) May 7, 2024
Eine Polizeisprecherin sprach am Nachmittag auf epd-Anfrage von bis zu 150 Teilnehmern.

Die FU-Leitung hatte das Protestcamp kritisiert und die Polizei um Räumung ersucht. Die Teilnehmer hätten versucht, in Räume und Hörsäle einzudringen, um diese zu besetzen. Nach eigenen Angaben setze sich die Gruppe aus Studenten verschiedener Berliner Hochschulen zusammen, erklärte die FU-Leitung. Sie kritisierte, die Gruppe habe Forderungen aufgestellt, jeden Dialog oder Verhandlungen aber schriftlich abgelehnt.
FU-Präsident Günter Ziegler sagte, diese Form des Protests sei „nicht auf Dialog ausgerichtet“. Er nannte die Besetzung nicht akzeptabel. Nach den Worten des Universitätspräsidenten kam es im Verlauf der Besetzung zu Sachbeschädigungen. Die Freie Universität habe Strafanzeigen erstattet. Der Lehrbetrieb in einigen Gebäuden habe am Dienstag eingestellt werden müssen, Bibliotheken und Mensa dort seien geschlossen worden.
Die Polizeisprecherin ging von einer erfolgreichen Räumung des Camps im Verlaufe des Dienstagnachmittags aus.
Wieder Israel-Hass an einer Berliner Universität! Wieder wird ein Innenhof besetzt.@FU_Berlin #Israel pic.twitter.com/G1BbW2R1g0
— Sascha Thurm (@SaschaThurm) May 7, 2024
Regierungschef Wegner: Bei Judenhass an Hochschulen nicht wegschauen
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner verurteilte die Aktion aufs Schärfste: „Wir dürfen auch an den Hochschulen nicht wegschauen, wenn antisemitische Parolen und Judenhass an den Universitäten verbreitet werden“, sagte der CDU-Politiker am Dienstag nach einer Sitzung des Senats mit der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Er sei der Universität für ihr Vorgehen sehr dankbar: „Ich finde dieses konsequente Vorgehen völlig richtig.“
Er wolle in Berlin keine Situation wie zuletzt an amerikanischen Hochschulen erleben, so Wegner. „Wir haben eine solche Situation noch nicht. Und trotzdem haben wir ein Problem“, sagte er. „Wir werden alles tun als Berliner Senat, damit jüdische Studierende keine Angst haben, die Hochschulen zu betreten.“ Das Argument der Meinungsvielfalt ließ Wegner mit Blick auf die Proteste nicht gelten. „Antisemitismus ist keine politische Meinung. Das werden wir an den Hochschulen nicht zulassen.“
Erst am vergangenen Freitag hatten Aktivisten an der Humboldt-Universität in Berlin protestiert. Rund 150 Menschen waren laut Polizei zu einer nicht angemeldeten Kundgebung zusammengekommen. Die Protestierenden forderten einen Hörsaal als Kundgebungsort, dem die Universitätsleitung nicht stattgab. In der Folge leitete die Polizei 37 Ermittlungsverfahren ein wegen möglicher Fälle von Volksverhetzung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. ■