Der klare KURIER-Kommentar

Angriffe auf Flughafenpersonal: Von wegen Berliner Schnauze!

Mitarbeiter am Flughafen BER werden immer häufiger von Passagieren angegriffen. Das sollten andere Passagiere nicht einfach so stehenlassen.

Author - Jana Hollstein
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Die Gepäckausgabe: Für viele ein Ort der Frustration.
Die Gepäckausgabe: Für viele ein Ort der Frustration.Christian Offenberg/imago

Flughäfen, mit ihrer Aufbruchsstimmung und gefühlten Zeitlosigkeit, gehören zu meinen Lieblingsorten. Ich weiß, diese Meinung teilen nicht viele. Flughäfen sind für viele eine Stresssituation: Geht mein Flug pünktlich? Schafft es mein Gepäck an den Zielort? Ganz zu schweigen natürlich von Vielfliegern und Berufsfliegern, für die Fliegen häufig nervige Routine ist, oder Menschen mit Flugangst.

Darum ist es vielleicht nicht unbedingt überraschend, dass Mitarbeiter des Flughafens BER, wie die Berliner Zeitung berichtet, vor allem an der Gepäckausgabe immer mehr verbalen Angriffen von Passagieren ausgesetzt sind. Wer es bis hierhin schafft, hat häufig schon mehrere Stresssituationen hinter sich, ist kurz vorm Ziel, und dann auch noch das: Das Gepäck verspätet sich oder ist verloren gegangen. Der Frust, nicht nur über das Gepäck, entlädt sich an dem nächsten Mitarbeiter.

Berliner sind ja nun bekannt für ihren etwas raueren Umgang. Aber Flughafen-Mitarbeiter beschimpfen, sodass sie teilweise kollabieren und reanimiert werden müssen? Berliner Schnauze ist was anderes.

Schockierender finde ich aber, was über die Reaktion der umstehenden Passagiere berichtet wird. Dass es immer wieder Idioten gibt, die sich Entgleisungen gegenüber Dienstpersonal erlauben, ist leider nichts Neues. Dass aber Fluggäste, die solche Situationen mitbekommen, in der Regel weder einschreiten noch Verständnis zeigen für eventuelle daraus entstehende Verspätungen, ist das eigentliche Armutszeugnis.

Der Flughafen ist ein Nicht-Ort, in dem Sinne, dass die meisten Menschen gedanklich ganz woanders sind: schon bzw. noch im Urlaub oder schon wieder zu Hause. Aber die Menschen an diesem Nicht-Ort sind dadurch nicht weniger Menschen. Vielleicht können wir unsere Berliner Schnauze also mal umlenken: Auf die Menschen, die überarbeitetes Personal beschimpfen. ■