Ein Geburtstagsbrief

80 Jahre Berliner Zeitung: Happy birthday, Schwesterchen!

Berliner Zeitung und Berliner Kurier (früher BZ am Abend) sind unter einem Dach aufgewachsen. Geschwister halt. Hier gratuliert der kleine, freche Bruder.

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Jan Schmidt, Geschäftsführer, heuerte vor 26 Jahren beim Berliner KURIER an. Er sagt: Happy birthday, Berliner Zeitung!
Jan Schmidt, Geschäftsführer, heuerte vor 26 Jahren beim Berliner KURIER an. Er sagt: Happy birthday, Berliner Zeitung!BK

Es ist doch wie jedes Jahr, dein Geburtstag kommt immer überraschend, ich hänge hinterher, noch schnell einen Gutschein gebastelt und fix eine Karte geschrieben. Eine herzliche Umarmung, dann zoffen wir uns weiter. Wie es nun mal ist bei Geschwistern. Man nervt sich (und du kannst echt richtig nerven, aber dazu später), man geht sich aus dem Weg, doch wenn es drauf ankommt, dann passt kein Blatt zwischen uns.

Wir haben schon verdammt viel zusammen erlebt. Klar wurmt es, dass du die ältere und größere Schwester bist, am 20. Mai 1945 geboren, während ich erst am 15. Juli 1949 das Licht der Welt erblickt habe, damals hieß ich auch noch BZ am Abend, habe ja erst nach der Wende meinen heutigen Namen Berliner Kurier angenommen, weil so ein Wessi-Blatt zu ähnlich hieß.

Heißt 75 Jahre haben wir zusammen verbracht, zwar unter einem Dach, doch die meiste Zeit in getrennten Wohnungen. Dafür waren wir wirklich zu verschieden, du, die seriöse, ernsthafte, die mit wohl gewählten Worten als gewichtige Stimme für ihre zahlreichen Leser eine tägliche treue Begleiterin bist. Und ich dagegen laut, frech, lebenslustig und häufig über die Stränge schlagend.

Was haben wir uns deswegen in den Haaren gelegen. „Du schreibst schneller als du denken kannst“, hast du mir gesagt. „Komm endlich auf den Punkt und hör auf zu labern“, habe ich gekontert. „Schmierfink“, hieß es dann zornig, „arrogante Schönschreiberin“ dagegen. Dann sind wir grollend in unsere Ecken gegangen. Und während wir uns so fetzten, wussten wir doch immer, dass wir uns auf uns verlassen konnten, dass keiner einen Keil zwischen uns treiben kann.

Erinnerst du dich noch an die Heuschrecke namens Mecom, die damals bei uns einzog? Wir waren eine Mauer, eine Stimme, die sagte „Wir lassen uns nicht brechen!“. Als wir die Heuschrecke überlebt hatten, der nächste Eigentümer kam und im Nachgang ein ganz bitteres Kapitel begann, als es uns richtig schlecht ging, wir nicht mehr wussten, wovon wir leben sollten, sind wir zusammengezogen in eine WG nach Kreuzberg. Wir lernten wieder, einander besser zu verstehen, uns bei aller Unterschiedlichkeit zu respektieren.

Wir haben unsere Lehren daraus gezogen, klar hatten wir auch Glück, ein neuer Eigentümer, der uns antreibt, unsere Stärken auszubauen und zu leben, wir sind wieder zurück am Alex, dort, wo wir hingehören. Unter einem Dach, sogar in einer Wohnung, in der wir viel mehr teilen als nur die Küche, in der wir gelegentlich Erinnerungen austauschen, doch viel mehr unsere Zukunft schmieden.

Ja, Schwesterchen, es muss ja mal gesagt werden, ich bin verdammt stolz auf dich. Und wünsch dir alles erdenklich Gute. Aber jetzt ist auch genug mit der Gefühlsduselei. Komm mal auf den Punkt, es gibt echt genug zu tun …