WM in Potsdam

Lehrerin vor Box-Olymp: Historische Chance für „Tiny Tina“

Tina Rupprecht, die kleinste deutsche Weltmeisterin, will Samstag Abend in Potsdam die Größte aller Zeiten werden.

Teilen
Tina Rupprecht präsentiert ihre drei WM-Gürtel, will am Samstag en vierten dazuholen.
Tina Rupprecht präsentiert ihre drei WM-Gürtel, will am Samstag en vierten dazuholen.Peter Kneffel/dpa

Immer mittwochs steht Tina Rupprecht als Sportlehrerin vor ihrer Klasse. An den anderen Tagen ist sie Profiboxerin und die Beste auf der Welt. Morgen kann die Augsburgerin beim WM-Kampf in Potsdam Geschichte schreiben.

Außerhalb des Boxrings ist Tina Rupprecht leicht zu übersehen: 1,53 Meter klein, keine 50 Kilogramm schwer. In der Trainingshalle in Augsburg könnte sich „Tiny Tina“, so ihr Spitzname, problemlos hinter den Sandsäcken verstecken. Doch der Schein trügt: Die Teilzeitlehrerin einer bayerischen Realschule ist eine der größten Boxerinnen derzeit.

Tina Rupprecht bereitet sich im Boxclub Haan auf ihren WM-Kampf in Potsdam vor.
Tina Rupprecht bereitet sich im Boxclub Haan auf ihren WM-Kampf in Potsdam vor.Peter Kneffel/dpa

Noch nie hielt ein deutscher Boxer drei WM-Gürtel, geschweige denn vier

Morgen winkt der größtmögliche Triumph: Im Vereinigungskampf hat die 32-Jährige die Chance, sich als Trägerin aller vier großen WM-Gürtel feiern zu lassen. „Das ist das absolute Maximum, das im Profiboxen möglich ist. Ich will den Sieg, ich will die Beste der Welt sein“, sagt sie vor ihrem Titel-Duell im Atomgewicht. In der leichtesten Frauen-Klasse bis 46,2 Kilogramm tritt sie morgen Abend (22.30 Uhr/MDR) in Potsdam gegen die Japanerin Sumire Yamanaka an.

Noch nie hielt eine Boxerin oder ein Boxer aus Deutschland gleichzeitig die Titel von drei großen Verbänden, geschweige denn alle vier. Zuletzt verlieh ihr das Fachmagazin „The Ring“ einen weiteren Gürtel – diese Auszeichnung der „US-Box-Bibel“ hatte vor Rupprecht nur ein Deutscher bekommen: Max Schmeling vor fast 100 Jahren.

Ihre Schüler drücken kräftig die Daumen

Tina Rupprecht geht ihren besonderen Weg. An der Realschule Zusmarshausen nahe Augsburg unterrichtet sie einmal pro Woche Sport. „Ich mag die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen sehr gern“, sagt sie. „Es ist eine andere Facette für mich, dass ich nicht die ganze Woche nur Tina die Boxerin bin.“ An der Schule ist sie übrigens Frau Fritschi, wie sie nach der Hochzeit mit ihrem Mann Markus eigentlich heißt.

Noch in der vorigen Woche gab Rupprecht Unterricht. Ihre Schüler wünschten ihr viel Erfolg für den Kampf. „Vor allem die Kleinen sind immer echt süß, sie kommen und sagen: Ich habe Sie in der Zeitung oder im Fernsehen gesehen. Die verfolgen das schon“, erzählt sie. Auf die Frage, welche Auseinandersetzungen schwerer sind, jene als Boxerin oder jene als Lehrerin, antwortet sie grinsend: „Im Boxring tut es mehr weh.“

Dabei war es stets eher Rupprecht, die ihre Gegnerinnen dominierte. Von 16 Profikämpfen gewann sie 14 und kassierte nur eine Niederlage. Im Alter von zwölf Jahren war sie über das Kickboxen zum Boxen gekommen. Mit 15 machte sie für ihren Coach Alexander Haan – der sie auch heute noch trainiert – eine Collage und klebte ein Foto von sich nach einem Amateursieg darauf. Darunter schrieb sie: „Ich will Weltmeisterin werden!“. 2018 war es soweit, Rupprecht holte ihren ersten WM-Titel (WBC). Inzwischen hält sie die WM-Gürtel der Verbände WBC, WBO und WBA – nun will sie Yamanaka noch den Titel der IBF wegnehmen.