Nur Woltemade überzeugt

DFB-Elf rumpelt sich zum 2:0! Die Nacht, als Luxemburg zum Scheinriesen wurde

Über weite Teile der ersten Halbzeit dominierte Fußballzwerg Luxemburg. Erst in der zweiten Hälfte sah Bundestrainer Nagelsmann mehr Zug zum Tor.

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Erfolgreicher Torschütze, unzufriedener Trainer: Bundestrainer Julian Nagelsmann konnte beim Spiel gegen Luxemburg immerhin über zwei Tore von Stürmer Nick Woltemade jubeln.
Erfolgreicher Torschütze, unzufriedener Trainer: Bundestrainer Julian Nagelsmann konnte beim Spiel gegen Luxemburg immerhin über zwei Tore von Stürmer Nick Woltemade jubeln.Bernd Feil/M.i.S./imago

Am Ende hatte man das Gefühl, dass der Fußballzwerg Luxemburg zum Scheinriesen geworden ist. Der viermalige Weltmeister Deutschland spielte besonders in der ersten Halbzeit so, als stände sie gegen einen Mitfavoriten um den WM-Titel auf dem Platz. Fast ängstlich, irgendwie eingeschüchtert. Immer wieder kam Luxemburg mit schnell heraus gespielten Angriffen zu Chancen, während Nagelsmanns Jungs oft nur einen Weg sahen – Rückpässe zum Torwart.  Natürlich war auch der Bundestrainer nicht zufrieden mit dem Auftritt der Fußball-Nationalmannschaft beim mühsamen 2:0-Sieg in Luxemburg, dem mehr als holprigen vorletzten Schritt Richtung WM in Amerika.

Nach dem für die Zuschauer wenig überzeugenden 2:0-Erfolg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Luxemburg wählte Bundestrainer Julian Nagelsmann allerdings bewusst einen sanften Ton. Der vorletzte Schritt in Richtung Weltmeisterschaft, die in den USA stattfinden wird, verlief weniger souverän als erhofft. Trotz des Resultats zeigte sich Nagelsmann bei seiner Ansprache an die Mannschaft nach einer enttäuschenden ersten Halbzeit im Großherzogtum moderat und vermied scharfe Worte.

Vor der WM: Nationalmannschaft ist ein fragiles Gebilde

Nach dem Spiel sagte der Bundestrainer: „Am Ende habe ich schon das Gefühl, dass die Mannschaft das gerade nicht verträgt, wenn man jetzt super draufhaut, ehrlich gesagt, sondern wir wollen auch alle gemeinsam erfolgreich sein.“ Mit dieser zurückhaltenden Herangehensweise möchte der 38-Jährige den Druck auf sein Team begrenzen, insbesondere vor dem alles entscheidenden Heimspiel gegen die Slowakei am Montagabend in Leipzig (20.45 Uhr, ZDF).

Die DFB-Elf ist sieben Monate vor dem WM-Anpfiff ein fragiles Gebilde, ohne verlässliche Automatismen und Erfolgsgarantien. Die Frage ist: Trotz oder wegen der Arbeit des Bundestrainers? Nagelsmann ist längst zum Pragmatiker geworden. „Im Endeffekt ist Fußball Ergebnissport. Wir haben Druck in dieser Gruppe, den wir uns auch natürlich selber ein bisschen eingebrockt haben“, sagte er.

Im Hinblick auf das letzte Qualifikationsspiel sind die Voraussetzungen klar: Nach vier insgesamt wenig glanzvollen Siegen reicht der Nationalmannschaft ein Unentschieden, um Platz eins zu verteidigen und das Ticket für die WM sicher zu lösen. Dies stellt die wichtigste Erkenntnis nach dem Aufenthalt in Luxemburg dar; andere Beobachtungen lassen dagegen Unsicherheiten für das Turnier im Sommer aufkommen.

Mit Blick auf das Duell gegen die Slowakei äußerte Nagelsmann den Wunsch, die angeschlagenen Spieler Joshua Kimmich und Nico Schlotterbeck wieder einsetzen zu können, wieder „auf dem Acker sehen“.

Deutschlands Nick Woltemade jubelt nach seinem Treffer zum 0:2.
Deutschlands Nick Woltemade jubelt nach seinem Treffer zum 0:2.Federico Gambarini/dpa

Die Führungsqualitäten dieser Akteure wurden zuletzt vermisst. Zum Fitnesszustand der beiden erklärte Nagelsmann, bei Schlotterbeck sei er nach dessen Fußverletzung „vorsichtig optimistisch“, während er bei Kapitän Kimmich nach der Knöchelverletzung „vorsichtig skeptisch“ bleibe.

Allerdings betonte der Bundestrainer auch, dass die bloße Rückkehr dieser beiden Spieler keine grundlegende Wende garantiere. Für internationale Konkurrenzfähigkeit sei vielmehr die Rückkehr weiterer wichtiger Stammkräfte notwendig. Von Torhüter Marc-André ter Stegen, Abwehrspieler Antonio Rüdiger, den Offensivkräften Jamal Musiala und Kai Havertz.

Einziger Lichtblick: Woltemade trifft und trifft

Auch die Entwicklung von Nachwuchsstürmer Woltemade stand zuletzt zur Diskussion. Noch vor kurzem wurde die mangelnde Torgefahr des Angreifers im Nationaltrikot hinterfragt. In den vergangenen Spielen erzielte Woltemade jedoch sowohl beim 1:0 in Nordirland als auch mit einem Doppelpack in Luxemburg alle drei Treffer. Damit hat sich der 23-Jährige von Newcastle United vorerst als wichtige Option für Nagelsmann etabliert.

Deutschlands Torwart Oliver Baumann musste öfter gegen Schüsse der Luxemburger retten, als vorher erwartet wurde.
Deutschlands Torwart Oliver Baumann musste öfter gegen Schüsse der Luxemburger retten, als vorher erwartet wurde.Thorsten Hetterich/imago

Der Bundestrainer hob dabei die Qualitäten des Spielers hervor und lobte ihn nicht nur für seine Tore, sondern auch für seine Laufarbeit und Einsatzbereitschaft. Nagelsmann kommentierte: „Ich freue mich. Er hat ähnliche Chancen gehabt in der Nations League, die er auch zu seinem Leidwesen noch nicht genutzt hat. Jetzt ist er halt super drin, auch in Newcastle, daher ist er wichtig für uns.“

Julian Nagelsmann: Gegen Slowakei wird auf Sieg gespielt

Auch wenn ein Punkt gegen die Slowakei zum Gruppensieg und zur sicheren Qualifikation reicht, kann und will Nagelsmann sein Team nicht auf ein Remis einstellen. Nach einer weiteren Niederlage innerhalb von zwei Monaten gegen denselben Gegner würde der Weg zur Weltmeisterschaft über die risikoreichen Playoffs führen. In Bezug auf die Erwartungen an seine Mannschaft sagte Nagelsmann: „Generell haben wir schon irgendwie eine gewisse DNA in der Mannschaft und es kommen die meisten von Clubs, wo sie Favorit sind.“

Aber die Zweifel sind nach dem Luxemburger Auftritt nicht wegzureden. „Wir haben keine Phase, wo wir den Gegner aus dem Stadion schießen, sondern wir müssen uns Dinge erarbeiten. Das müssen wir von Beginn an machen, dann bin ich zuversichtlich, dass wir das Spiel gewinnen werden“, sagte Nagelsmann. (mit dpa)

Wie sagen Sie zur deutschen DFB-Elf und zum Spiel gegen Luxemburg? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com