In diesem „Tatort“ aus Münster ist ab der 68. Minute nichts mehr wie vorher. Die Folge „Die Erfindung des Rades“ hält eine ganze Reihe von Überraschungen bereit - kleine und große. Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) und Kriminalhauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) ermitteln im Umfeld des Fahrrad-Traditionsherstellers Hobrecht. Der Grund: Ein ungeliebtes Mitglied der Familie Hobrecht wird als tiefgefrorene Leiche in einer Kiste entdeckt.
Schwarzes Schaf der Familie eiskalt ermordet
Los geht es ungewöhnlich: Eine Schwarz-Weiß-Mordszene aus dem Jahr 1882 eröffnet den Fall. Und plötzlich tritt Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) nicht wie gewohnt im Luxuswagen, sondern auf dem Drahtesel auf. Das Duo Thiel-Boerne geht weniger bissig-zynisch miteinander um als sonst. Vor allem aber zeigt die normalerweise kettenrauchende, ruppige Staatsanwältin Wilhelmine Klemm völlig ungekannte Seiten – bevor sie dann furios abtritt.

Der Krimi nimmt Fahrt auf, als Firmenchef Kurt Hobrecht (Hannes Hellmann) dem Publikum in seiner Manufaktur ein Sensationsrad präsentieren will: ein Fahrrad nach einer alten Zeichnung von 1882, die beweisen soll, dass Münster – und nicht England – die wahre Geburtsstadt des modernen Fahrrads ist. Doch statt der Revolution auf zwei Rädern steckt in der Kiste eine Kühltruhe – und darin die tiefgefrorene Leiche seines Bruders Albert. Der ungeliebte Geizhals hatte viele Feinde in der Familie. Plötzlich stehen alle unter Verdacht: ehrgeizig, verschroben, verschlagen – ein Clan, aus dem jede und jeder ein Motiv haben könnte.
Großer Abschied aus dem Münster-„Tatort“
Im 48. „Tatort“ aus Münster geht es nicht nur um Fahrradgeschichte und Innovation, sondern um Neid, Erbschaftsstreit und bittere Familienfehden: Bruder gegen Bruder, Geschwister, die auf ihr Erbe lauern – jeder hätte ein Motiv, den Erzfeind kaltzustellen. Und mittendrin: Wilhelmine Klemm, gespielt von Mechthild Großmann. Für die resolute Staatsanwältin ist es der letzte Fall – nach über zwei Jahrzehnten sagt sie Lebewohl. Die neue Folge markiert damit nicht nur ein Ende für die Hobrechts, sondern ein Ende einer Ära beim Münster-„Tatort“.
Krimi mit einem Hauch Wehmut
Und obwohl die Handlung alle Zutaten für einen packenden Krimi liefert – Spannung, Familie, Verrat, überraschende Wendungen – wirkt der Fall streckenweise eher wie eine nostalgische Fahrradtour durch Münster denn wie ein klassischer „Tatort“-Knüller: Die nicht mehr ganz so bissigen Sticheleien zwischen Boerne und Thiel, der sanftere Ton zwischen Ermittlern und Kollegen, der Abschiedsschmerz bei Klemm – das alles nimmt der Szenerie etwas der Härte. Aber vielleicht ist genau das der Charme: Ein Krimi mit Gefühl, Erinnerung und einem Hauch Wehmut.


