Nach 53 Jahren

Skandal um Heinz Rühmann: Ehrenmedaille wegen NS-Nähe aberkannt

Heinz Rühmann und 13 weitere Filmschaffende verlieren posthum die SPIO-Ehrenmedaille – wegen NS-Nähe und systemloyaler Haltung.

Author - Julia Nothacker
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Heinz Rühmann im Jahr 1992.
Heinz Rühmann im Jahr 1992.United Archives/Imago

Ein Skandal erschüttert die deutsche Filmwelt: Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) hat dem legendären Schauspieler Heinz Rühmann (†1994) die Ehrenmedaille aberkannt – mehr als fünf Jahrzehnte nach der Verleihung! Grund: Rühmann und 13 weitere bekannte Persönlichkeiten aus der Filmbranche werden im Nachhinein als „NS-belastet“ oder „NS-konform“ eingestuft.

Heinz Rühmann und Leni Riefenstahl als „NS-belastet“ eingestuft

Die Entscheidung folgt einem brisanten Gutachten des Münchner Instituts für Zeitgeschichte. Insgesamt wurden 89 historische Personen auf ihre Rolle in der NS-Zeit überprüft, 14 davon wurden als belastend eigestuft. Die SPIO spricht von einer „Korrektur historischer Fehlentscheidungen“ und will mit der Aberkennung ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen. Neben Rühmann trifft es auch andere Größen wie die Filmemacherin Leni Riefenstahl (†2003), die Schauspielerin Olga Tschechowa (†1980), den Produzenten Ludwig Waldleitner (†1998) und den ehemaligen Berlinale-Leiter Alfred Bauer (†1986)

Historiker Bernhard Gotto kommt zu dem Schluss: Rühmann war kein NSDAP-Mitglied, aber „systemloyal“. Er genoss die Nähe zu NS-Größen wie Hitler, Goebbels und Göring und profitierte von materiellen Privilegien. Besonders umstritten: 1938 ließ er sich von seiner jüdischen Ehefrau Maria Bernheim scheiden – angeblich aus Karrieregründen. Doch das Bild ist nicht eindeutig: Rühmann vermittelte ihr eine Scheinehe mit einem schwedischen Schauspieler und unterstützte sie im Exil finanziell.

Leni Riefenstahl im Jahr 1972.
Leni Riefenstahl im Jahr 1972.Pressens Bild/TT/Imago

Bisherige Ehrenmedaille wird abgeschafft

Auch die Verleihung der Ehrenmedaille an Leni Riefenstahl im Jahr 2002 wird rückblickend als „schwerer Fehler“ bezeichnet. Die Regisseurin habe die NS-Ideologie mit ihren Filmen in „besonders exponierter Form“ propagiert, stellt das Gutachten fest.

Zukünftig soll die Ehrenmedaille nicht mehr in seiner bisherigen Form verliehen, sondern durch einen neuen Preis ersetzt werden, der „neben Verdiensten um die Filmwirtschaft auch das gesellschaftspolitische Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit als zentrales Kriterium enthalten wird“.