Ratgeber Recht

Streik im Nahverkehr: Darf mein Chef mir kündigen, wenn ich zu spät komme?

Grundsätzlich gilt Unpünktlichkeit als Pflichtverletzung, dies kann zu einer Abmahnung führen.

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Stadtbahnen der Hannoverschen Verkehrsbetriebe stehen während eines Warnstreiks auf einem Betriebshof.
Stadtbahnen der Hannoverschen Verkehrsbetriebe stehen während eines Warnstreiks auf einem Betriebshof.Julian Stratenschulte/dpa

In Berlin ging es am Donnerstag schon los. Am Freitag wird dann in insgesamt sechs Bundesländern der öffentliche Nahverkehr bestreikt. Viele weichen da auf ihr Auto und Fahrrad aus. Doch auch auf den Straßen droht Chaos. Da fragen sich viele: Komme ich pünktlich zur Arbeit? Und was passiert, wenn ich nicht rechtzeitig da bin, kann mein Chef mir dann kündigen?

Wer in der Regel immer mit den Öffis zur Arbeit oder Schule kommt, muss an Streiktagen umplanen. So wie diese Woche: Die Gewerkschaft Verdi hat Streiks im Nahverkehr in sechs Bundesländern angekündigt: in Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, schreibt das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen aber trotzdem zur Arbeit – und das auch noch pünktlich. Denn solch ein Streik ist keine Entschuldigung für ein Zuspätkommen.

Grundsätzlich gilt Unpünktlichkeit als Pflichtverletzung, dies kann zu einer Abmahnung führen. Wer mehrfach eine bekommt, dem kann gekündigt werden, so sieht es das Arbeitsrecht vor. Wer zu spät kommt, muss zudem mit Lohnkürzungen rechnen. In solchen Fällen gebe es für die verlorene Zeit keinen Lohn, erklärt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht, gegenüber dem Spiegel. Wer mit höheren Kosten zu rechnen hat, weil er zum Beispiel auf das Auto umsteigen muss, muss die Anfahrtskosten, beispielsweise für Benzin, selbst tragen.

Wichtigste Frage: War der Streik vorhersehbar?

Grundsätzlich ist aber eine Sache entscheidend: War der Streik vorhersehbar, also wurde er vorab angekündigt? Die kommenden Streiktage wurden bereits Anfang der Woche bekannt gegeben. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer konnten sich also darauf einstellen und auf Auto oder das Rad umsteigen. Sollte es eine Homeoffice-Regelung gelten, könnten die Betroffenen auch absprechen, ob die Arbeit auch von zu Hause aus möglich ist.

Kommen Sie trotz allem zu spät, darf der Arbeitgeber nicht verlangen, dass Sie die verlorene Zeit nacharbeiten. Die Arbeitszeit ist in der Regel festgelegt und nicht beliebig verlängerbar – es sei denn, es gibt Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit, so der Spiegel weiter.

Und was ist mit Schulunterricht?

Doch vom Streik betroffen sind nicht nur Beschäftigte, sondern auch Kinder, zum Beispiel Schüler mit einem längeren Schulweg. Wenn das Kind also nicht zur Schule kommt, weil der Schulbus ausfällt, muss die Schule das nicht als Entschuldigung gelten lassen. „Der Streik im Nahverkehr ändert nichts an der Schulpflicht“, sagt Wilhelm Achelpöhler, Anwalt für Verwaltungsrecht, zum Spiegel. Wegen eines einzelnen Tages werde zwar wohl kaum ein Schulträger ein Problem daraus machen, so die Vermutung des Anwalts. „Aber streng genommen handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, für die theoretisch ein Bußgeld verhängt werden könnte. Das ist eine Ermessenssache.“

Eltern stehen im Falle eines Streiks nicht nur vor der Herausforderung, selbst pünktlich zur Arbeit zu gelangen, sondern müssen auch sicherstellen, dass ihre Kinder rechtzeitig in der Schule sind. In einigen Fällen bieten Schulen sogar Sammeltaxis an. Alternativ haben Eltern die Möglichkeit, Fahrgemeinschaften untereinander zu bilden.