Nach TV-Duell-Desaster

Joe Biden: Erster Parteifreund fordert seinen Rückzug!

Der demokratische Abgeordnete Lloyd Doggett spricht „respektvoll“ von Konsequenzen. Der Präsident müsse „eine schmerzhafte Entscheidung treffen“.

Teilen
US-Präsident Joe Biden: Ich war müde.
US-Präsident Joe Biden: Ich war müde.Jacquelyn Martin/AP

Nach Joe Bidens desaströsem Auftritt beim Fernsehduell gegen seinen Konkurrenten Donald Trump wächst der Druck auf den US-Präsidenten auch in den eigenen Reihen. Ein erster demokratischer Abgeordneter aus dem US-Repräsentantenhaus forderte Biden öffentlich auf, aus dem Rennen um die Präsidentschaft auszusteigen und Platz für einen anderen Kandidaten zu machen. Weitere Kritiker könnten folgen. 

Biden selbst will den Grund für seinen verpatzten Auftritt im TV-Duell gegen Herausforderer Donald Trump ausgemacht haben: Müdigkeit. Der 81-Jährige begründete seinen schwachen Auftritt mit Erschöpfung nach einer Reihe anstrengender Auslandsreisen. Bei einem Wahlkampfauftritt sagte er vor Journalisten, er sei kurz vor der TV-Debatte faktisch mehrmals um die Welt gereist, was „nicht sehr klug“ gewesen sei. Er habe nicht auf seine Mitarbeiter gehört - „und dann bin ich auf der Bühne fast eingeschlafen“. Das sei zwar keine Entschuldigung, aber eine Erklärung.

Überfordert und verwirrt wirkte Joe Biden bei der TV-Debatte mit Donald Trump.
Überfordert und verwirrt wirkte Joe Biden bei der TV-Debatte mit Donald Trump.Jack Gruber/Imago

Der Präsident „hatte eben einen schlechten Abend“

Auch das Weiße Haus bemühte sich, Zweifel an Bidens Eignung für das Amt zu zerstreuen und seinen verpatzten Auftritt im Fernsehen so gut es geht vergessen zu machen. Der Präsident habe eben einen schlechten Abend gehabt, betonte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre. „Wir werden ein neues Kapitel aufschlagen“, sagte sie. Biden werde die Menschen in den USA bei Ortsterminen selbst von seinen Qualitäten überzeugen.

In den kommenden Tagen will sich Biden zudem mit demokratischen Kongressmitgliedern und Gouverneuren treffen, um sich deren Unterstützung zu vergewissern. Geplant seien auch ein Fernsehinterview, Wahlkampfauftritte und in der kommenden Woche eine Pressekonferenz beim Nato-Gipfel in Washington. Biden selbst gab sich bei einem Termin in Washington bestens gelaunt und selbstbewusst. Seine Ansprache las er wie üblich von einem Teleprompter ab.

Lloyd Doggett über einen Biden-Rückzug: „Ich fordere ihn respektvoll auf, dies zu tun.“
Lloyd Doggett über einen Biden-Rückzug: „Ich fordere ihn respektvoll auf, dies zu tun.“Lauren Victoria Burke/AP

Demokratischer Abgeordneter fordert Bidens Rückzug

In den vergangenen Tagen hatten sich die bekanntesten Gesichter der Partei mit harscher öffentlicher Kritik zurückgehalten. Lloyd Doggett, demokratischer Abgeordneter des US-Repräsentantenhauses aus Texas, meldete sich nun als erster Parlamentarier aus Bidens Partei mit einer Rückzugsforderung öffentlich zu Wort.

Es falle ihm nicht leicht, seine Vorbehalte öffentlich zu machen, schrieb Doggett in einer Stellungnahme, aus der US-Medien zitierten. Anders als Trump habe Biden immer den Interessen des Landes gedient und nicht seinen eigenen. Er hoffe, der Präsident werde die schwierige und schmerzhafte Entscheidung treffen, seinen Rückzug anzutreten, so Doggett. „Ich fordere ihn respektvoll auf, dies zu tun.“

Großspender der Demokraten denken um

Dem Portal „Axios“ zufolge wollen Großspender der Demokraten angesichts schwindender Hoffnungen auf einen Wahlsieg Bidens ihre Strategie vor der Abstimmung im November ändern, bei der auch über die Neuverteilung vieler Sitze im Repräsentantenhaus und Senat entschieden wird. Demnach wollen sie ihre Unterstützung nun eher auf demokratische Kandidatinnen und Kandidaten für den Kongress konzentrieren, um dort Mehrheiten zu sichern, damit Trump im Falle eines Wahlsiegs nicht ungehindert durchregieren kann.

Die ehemalige Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, verteidigte Biden und attestierte ihm in einem Interview mit dem US-Sender MSNBC „Urteilsvermögen und strategisches Denken“. Auf Nachfrage sagte die Demokratin auch, dass es eine „berechtigte Frage“ sei, ob es sich bei Bidens Patzer im TV-Duell „nur um eine Episode oder einen Zustand“ gehandelt habe. Allerdings müssten beide Kandidaten in der Frage nach ihrer Eignung für das Präsidentenamt einer gleichermaßen kritischen Betrachtung unterzogen werden. Pelosi betonte, es sei schwer, mit Trump zu debattieren, da der republikanische Ex-Präsident andauernd lüge. ■