Wegen Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen hat das Landgericht im schleswig-holsteinischen Itzehoe eine ehemalige Sekretärin des NS-Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig schuldig gesprochen. Die inzwischen 97-jährige Irmgard F. sei zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden, sagte eine Gerichtssprecherin am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Mit seinem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist den Gerichtsangaben zufolge noch nicht rechtskräftig, beide Seiten können innerhalb einer Woche Revision einlegen.
Irmgard F. war laut Anklage von 1943 bis 1945 als Zivilangestellte in der Verwaltung des Lagers beschäftigt, wo sie als Sekretärin und Stenotypistin arbeitete. Da sie zu dieser Zeit zwischen 18 und 19 Jahren alt war, fand das Verfahren vor einer Jugendkammer statt.
Stutthof-Prozess: Die Angeklagte hat sich nie zu den Vorwürfen geäußert
Die beiden Verteidiger hatten einen Freispruch für ihre Mandantin gefordert. Sie begründeten dies damit, dass nicht zweifelsfrei habe nachgewiesen werden können, dass Irmgard F. von den systematischen Tötungen im Lager gewusst habe. Die 97-Jährige hatte in ihrem sogenannten letzten Wort erklärt: „Es tut mir leid, was alles geschehen ist. Ich bereue, dass ich zu der Zeit gerade in Stutthof war. Mehr kann ich nicht sagen.“
Der Prozess hatte am 30. September 2021 begonnen. An den 40 Verhandlungstagen hatte das Gericht acht der zeitweise 31 Nebenkläger als Zeugen gehört. Die Überlebenden des Lagers berichteten vom Leiden und massenhaften Sterben in Stutthof. Wichtigster Zeuge war der historische Sachverständige Stefan Hördler, der sein Gutachten in 14 Sitzungen vorstellte. Die Verteidigung hatte einen Befangenheitsantrag gegen ihn gestellt, den das Gericht aber ablehnte.

