War er unschuldig?

Obwohl Kronzeuge Aussage widerrief – Häftling in South Carolina hingerichtet

Nach 13 Jahren Pause wurde im US-Bundesstaat South Carolina wieder ein Todesurteil vollstreckt. Bis zum Schluss beteuerte der Verurteilte seine Unschuld.

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Vor dem Gefängnis wurde gegen die Hinrichtung von Freddie Eugene Owens protestiert.
Vor dem Gefängnis wurde gegen die Hinrichtung von Freddie Eugene Owens protestiert.Chris Carlson/AP

Er war der erste Häftling, den der Bundesstaat South Carolina nach 13 Jahren Pause hinrichten ließ. Der wegen Mordes verurteilte Freddie Owens starb am Freitagabend durch die Giftspritze – obwohl kurz vor der Exekution der Kronzeuge der Anklage zugegeben hatte, vor Gericht gelogen zu haben. In einer eidesstattlichen Erklärung schwor Steven Golden: „Freddie ist unschuldig, er war nicht am Tatort!“ Doch das war sowohl dem republikanischen Gouverneur Henry McMaster als auch dem Obersten Gerichtshof von South Carolina egal – sie lehnten eine Begnadigung oder selbst eine Verschiebung der staatlichen sanktionierten Tötung ab.

Der 46-jährige Freddie Owens wurde hingerichtet.
Der 46-jährige Freddie Owens wurde hingerichtet.South Carolina Department of Corrections

Owen wurde verurteilt, als 19-Jähriger bei einem Raubüberfall 1997 an der Seite von Golden die Supermarkt-Mitarbeiterin Irene Graves erschossen zu haben. Dabei hatte der Angeklagte bis zu seinem letzten Atemzug darauf bestanden, unschuldig und zur Tatzeit in seinem Bett gewesen zu sein. Die Cops fanden auch keine forensischen Beweise für das Gegenteil am Tatort. Am Ende reichte die Aussage von Golden für einen Schuldspruch. Dieser verriet jetzt in seinem Schreiben, dass er damals gelogen hatte, um selbst seiner Hinrichtung zu entgehen – durch den Staat und auch durch den wahren Todesschützen: „Ich habe damals einen heimlichen Deal mit der Staatsanwaltschaft geschlossen.“ Was bedeutete, dass er nach seiner Aussage gegen Owens wegen Totschlags eine relativ glimpfliche Haftstrafe von 28 Jahren bekam. Zudem schrieb Golden, dass er Angst hatte, den Namen des wirklichen Killers zu nennen: „Ich war mir sicher, dass der echte Schütze oder seine Verbündeten mich umbringen würden, wenn ich seinen Namen nenne. Davor habe ich bis heute noch Angst.“

Staatsanwalt in South Carolina: „Lüge eines Lügners“

Dass er dennoch nach fast drei Jahrzehnten nun doch die Wahrheit öffentlich machte, habe an seinem schlechten Gewissen gelegen: „Ich hab mich jetzt gemeldet, weil ich erfahren habe, dass Freddie am 20. September hingerichtet werden soll. Ich will nicht, dass Freddie für etwas exekutiert wird, was er nicht getan hat. Diese Sache belastet mein Gewissen schon so lange und ich wollte jetzt unbedingt reinen Tisch machen!“ Nur dass die Staatsanwaltschaft Goldens eidesstattliche Erklärung als die „Lüge eines Lügners“ hinstellte, der seinen alten Kumpel vor gerechter Bestrafung retten wolle. Mit diesem Argument wurden auch der Gouverneur und das Berufungsgericht überzeugt, dem Henker keine Steine in den Weg zu legen.

Der Gouverneur von South Carolina unterschrieb den Exekutionsbefehl, den er sogar auf X teilte.
Der Gouverneur von South Carolina unterschrieb den Exekutionsbefehl, den er sogar auf X teilte.South Carolina Department of Corrections

Owens Anwalt Gerald „Bo“ King hatte am Tag der Hinrichtung alles versucht, Proteste in der Öffentlichkeit auszulösen, um den Gouverneur doch noch umzustimmen: „South Carolina steht kurz davor, einen Mann hinzurichten, der das ihm vorgeworfene Verbrechen nicht begangen hat!“ Vergeblich. McMasters unterschrieb den Exekutionsbefehl, den er sogar auf X teilte. Um 18:36 Uhr Ortszeit sagte Owens in der Todeskammer nur noch „Bye“ zu seinem Anwalt, dann wurde das Gift in seine Adern gepumpt. Um 18:55 Uhr wurde der Tod des 46-Jährigen offiziell festgestellt. ■