„Sie sieht euch ja überhaupt nicht ähnlich!“ Nach der Geburt ihrer Tochter bekamen Alexander und Daphna Cardinale diesen Satz oft zu hören. Zu Recht. Die Ärzte der Fruchtbarkeitsklinik hatten die befruchteten Eizellen vertauscht und den falschen Müttern eingepflanzt. Wie geht man mit so einer Situation um?
Die Cardinales fanden heraus, dass ihre leibliche Tochter gleich um die Ecke lebte. Die beiden Elternpaare aus Kalifornien entschieden dann das Unglaubliche: Sie tauschten nach drei Monaten ihre Kinder. Doch vor allem den Müttern fiel es nicht leicht, das Baby, das sie ausgetragen haben, wegzugeben. Sie fanden einen Weg, der alle glücklich machte – auch die kleinen Mädchen.
Alexander Cardinale hatte sich bereits im Krankenhaus gewundert, dass seine Tochter mit pechschwarzem Haar und einem dunkleren Teint zur Welt gekommen war. Dabei war seine Frau rothaarig, er blond und beide sehr hellhäutig. Der „New York Times“ verriet er: „Ein guter Freund hat dann das laut ausgesprochen, was ich geahnt habe: Dass wahrscheinlich einer von uns beiden nicht Mays leibliches Elternteil ist. Da haben wir uns entschieden, einen DNA-Test zu machen.“
Das Ergebnis war traumatisch für die Cardinales: Mit 99,99-prozentiger Sicherheit waren weder Alexander noch Daphna mit ihrem Kind genetisch verwandt.
Als er sein leibliches Kind sieht, bricht Alexander in Tränen aus
Zur gleichen Zeit wunderten sich auch Annie S. und ihr Ehemann (beide wollen anonym bleiben) über die blonden Haare und blauen Augen ihrer Tochter Zoe. Dem Magazin „People“ verriet die Mutter: „Ich bin Latina, mein Mann ist asiatisch-stämmig. Doch der Kinderarzt hat uns versichert, dass es ein seltenes Resultat von rezessiven Genen in unserem Stammbaum war.“ Dann kam der Anruf der Fruchtbarkeitsklinik, der sie über den schlimmen Irrtum informierte.
Beide Elternteile trafen sich am 2. Weihnachtsfeiertag 2019 im Büro einer Anwaltskanzlei, um sich über das weitere Vorgehen abzustimmen. Als Vater Alexander zum ersten Mal seine leibliche Tochter im Arm hielt, brach er in Tränen aus: „Dieses mächtige Gefühl überkam mich, das mir sagte: Das ist dein Kind!“

Beide Familien entschieden sich dafür, einen langsamen Tausch zu vollziehen. Doch am Ende konnten es insbesondere beide Mütter einfach nicht über das Herz bringen, sich endgültig von dem Baby, das sie auf die Welt gebracht hatten, zu trennen. Daphna schlug deshalb Annie per SMS vor: „Wie wäre es, wenn wir einfach zwei Babys haben und sie teilen. Die Mädchen können zusammen wie Schwestern aufwachsen.“
Die Mädchen wachsen nun fast wie Schwestern auf
Annie war begeistert und auch die beiden Väter fanden die Idee großartig. Die Babys sahen sich daraufhin jeden Tag und gingen auch zusammen in den Kindergarten. Für die inzwischen fünf Jahre alten May und Zoe ist es normal, zwei Elternpaare zu haben. May nennt die Cardinales „Daddy Xander“ und „Mama Daphna“, Zoe macht dasselbe bei Annie und ihrem Ehemann.
Die Elternpaare verklagten die Fruchtbarkeitsklinik wegen medizinischen Pfusch, Fahrlässigkeit und Vertragsbruch auf eine Entschädigung in (ungenannter) Millionenhöhe. Am Ende schlug die Klinik einen außergerichtlichen Vergleich vor, den die Eltern annahmen. Wie viel Geld genau beide Familien erhielten, darüber müssen sie Stillschweigen bewahren – doch beide Mädchen werden ihr Leben lang finanziell gut abgesichert sein. ■