Drastische Strafen drohen

Keine Kippe auf der Piazza – Mailand verhängt Draußen-Rauchverbot

In der italienischen Metropole darf im Freien jetzt nur noch mit zehn Metern Abstand geraucht werden. Aber Italien wäre nicht Italien, wenn das Verbot sofort befolgt werden würde.

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Noch wird das Rauchverbot vor dem Mailänder Dom von so manchem ignoriert. Aber die Stadt will bald härter durchgreifen.
Noch wird das Rauchverbot vor dem Mailänder Dom von so manchem ignoriert. Aber die Stadt will bald härter durchgreifen.Christoph Sator/dpa

An Rauchverbote hat man sich inzwischen gewöhnt. Keine Fluppe in der Kneipe? Heutzutage und hierzulande ganz normal. Zumindest darf man vor dem Lieblingsrestaurant noch qualmen, und in der Fußgängerzone dampft es in der Regel auch noch.

Im einstigen Raucherland Italien ist man da schon einen Schritt weiter. Jedenfalls im norditalienischen Mailand. Dort geht es den Rauchern auch im Freien mehr und mehr an die Kippe.

Auf den Tischen der Cafés stehen auch draußen keine Aschenbecher mehr, und wer irgendwo gemütlich auf einer Bank im Freien chillt, verbirgt schon mal verstohlen die Zigarette in der Hand. Es könnte ja die Polizei kommen. Die Polizei?

Was für uns dann doch noch etwas befremdlich klingt, ist in Mailand seit Jahresbeginn durchaus möglich. Wie lange wird es dauern, bis derlei Einschränkungen auch bei uns „in Mode kommen“?

Zehn Meter Abstand – ansonsten werden bis zu 240 Euro fällig

Denn in der 1,4-Millionen-Einwohner-Stadt Mailand hat eine Mitte-links-Regierung ein superstrenges Rauchverbot eingeführt, das schärfste in Bella Italia und eines der strengsten in ganz Europa. Nicht nur drinnen, auch draußen darf praktisch nicht mehr geraucht werden. Erlaubt ist es nur noch, wenn zu anderen Leuten mindestens zehn Meter Abstand gehalten wird. Ansonsten drohen Strafen bis zu 240 Euro.

Zur Begründung dieser fast schon schikanösen Maßnahme heißt es: Die Luft sei in der Hauptstadt der Lombardei so belastet wie kaum sonst wo in Italien. Zigaretten sollen hier für sieben Prozent der Feinstaub-Emissionen verantwortlich sein. Und da der Stein nun einmal ins Rollen gekommen ist, wollen auch andere italienische Städte, darunter die Hauptstadt Rom, die Raucher weiter kujonieren. So hat Turin bereits draußen einen „Höflichkeitsabstand“ eingeführt: Wenn Kinder oder Schwangere in der Nähe sind, ist Rauchen nur mit deren Zustimmung erlaubt.

Verbotsgegner kritisieren den „Verlust an Freiheit“

Die Meinung unter den Mailändern zu den Regelungen ist drei Monate nach deren Einführung geteilt. Viele sind froh, auf Spielplätzen, an Haltestellen oder vor Restaurants nicht mehr den Rauch anderer Leute einatmen zu müssen. Aber es gibt auch viele Gegenstimmen – nicht nur von Rauchern.

Mailands konservative Tageszeitung Il Giornale bringt es in einem Leitartikel auf den Punkt: „Das eigentliche Problem ist nicht die Zigarette, sondern der Verlust an Freiheit. In einer Welt, in der versucht wird, jeden Aspekt unseres Lebens zu kontrollieren, in der wir vor allem und jedem Angst haben, ist das Rauchen im Freien nicht nur eine Geste der geselligen Kraft des Tabaks, sondern auch ein Akt der Rebellion gegen die Konformität.“

So sahen das wohl auch die Leute, die einem früheren Stadtoberen auf seinem Denkmal vor der Universität eine riesige Zigarette in den Mund steckten. Oder Flugblätter zum amtierenden Bürgermeister Giuseppe Sala mit dem Untertitel „Du bist nicht unser Papa. Lass uns rauchen“ in Umlauf brachten.

Noch werden ahnungslose Touristen in Mailand verschont

Und es wird rebelliert, zumindest das Draußen-Rauchverbot wird ignoriert. Überall in Mailand liegen Kippen weiter auf dem Boden: auch vor dem berühmten Mailänder Dom und in der vornehmen Einkaufspassage Vittorio Emanuele II, die vom Domplatz abgeht.

Mittags und abends sind vor vielen Restaurants Gruppen von Rauchern zu sehen. Dann macht sich kaum jemand die Mühe, die Kippe versteckt zu halten – zumal elektronische Zigaretten weiterhin erlaubt sind. In den ersten drei Monaten wurden auch nur wenige Strafen verhängt. Genauere Zahlen nennt die Stadt nicht. Touristen, von denen viele das Verbot überhaupt nicht kennen, haben ohnehin Schonfrist.

Aber die Stadt hat angekündigt, härter durchzugreifen, Bußgeld inklusive. Vizebürgermeisterin Anna Scavuzzo sagt: „Italiener sind keine Skandinavier, die ein Gesetz auch einhalten, wenn es keine Strafe gibt.“