Wissen aus der Weltpolitik

Schon gewusst? „Ein Land, zwei Systeme“ – was bedeutet die Formel?

Vielleicht haben Sie schon einmal die Formulierung „Ein Land, zwei Systeme“ gehört – aber wissen Sie auch, was es damit auf sich hat?

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Die Aufnahme zeigt die Stadt Hongkong. Wenn von der Formel „Ein Land, zwei Systeme“  die Rede ist, geht es zumeist um China und Hongkong.
Die Aufnahme zeigt die Stadt Hongkong. Wenn von der Formel „Ein Land, zwei Systeme“ die Rede ist, geht es zumeist um China und Hongkong.Panthermedia/imago

Es gibt Formulierungen, bei denen man das Gefühl hat, sie schon einmal gehört zu haben – und doch kann man nicht auf Anhieb zuordnen, was es damit auf sich hat. Ein Beispiel gefällig? Was hat es wohl mit der Formulierung „Ein Land, zwei Systeme“ auf sich? Wer beim Lesen dieser Formel glaubt, dass sie einen politischen oder wirtschaftlichen Hintergrund hat, der … hat vollkommen recht! Wir verraten, was es mit „Ein Land, zwei Systeme“ auf sich hat, woher Sie die Formulierung womöglich kennen – und warum sich dahinter eine sehr ernste Geschichte verbirgt.

Wissen aus der Weltpolitik: Was bedeutet die Formulierung „Ein Land, zwei Systeme“?

Die Formulierung „Ein Land, zwei Systeme“ ist ein politisches Konzept, das erstmals von Deng Xiaoping, dem ehemaligen Führer der Kommunistischen Partei Chinas, in den 1980er Jahren vorgeschlagen wurde. Das Konzept bezieht sich auf die Beziehung zwischen der Volksrepublik China und den Regionen Hongkong und Macau, die als Sonderverwaltungszonen (SVZ) innerhalb Chinas fungieren. Das bedeutet: Der Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ sollte den Regionen Hongkong und Macau, die einst britische bzw. portugiesische Kolonien waren, nach der Rückgabe an China ihre bis dahin aufgebaute Souveränität sichern.

Die Idee hinter „Ein Land, zwei Systeme“ besteht darin, dass es ein einziges souveränes Land gibt, die Volksrepublik China, in dem jedoch zwei unterschiedliche politische und wirtschaftliche Systeme nebenher existieren können. Während der Rest von China unter einem sozialistischen Einparteiensystem mit zentral geplanten Wirtschaftsstrukturen steht, genießen Hongkong und Macau ein hohes Maß an Autonomie mit eigenen politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Systemen. Für ihre innenpolitischen Angelegenheiten sind die Länder selbst verantwortlich – sie kümmern sich selbstständig um Einwanderung, Bildung, Sport und Sozialpolitik.

Politiker und Staatsmann Deng Xiaoping erdachte die Formel „Ein Land, zwei Systeme“.
Politiker und Staatsmann Deng Xiaoping erdachte die Formel „Ein Land, zwei Systeme“.AGB Photo/imago

Diese Sonderverwaltungszonen haben ihre eigenen Rechtssysteme, Währungen und Immigrations-Kontrollen. Das bedeutet aber auch: Wer von China in die Region Hongkong oder Macau reisen will, muss ein Visum beantragen. Es gibt unterschiedliche Sprachen – und die Währungen werden in den Geschäften der jeweils anderen Region nicht akzeptiert. Die Bürger in diesen Regionen genießen Rechte und Freiheiten, die auf dem chinesischen Festland nicht in gleichem Maße vorhanden sind.

„Ein Land, zwei Systeme“ war eine Lösung, um den Übergang der Souveränität Hongkongs von Großbritannien zu China im Jahr 1997 und Macaus von Portugal im Jahr 1999 zu erleichtern, während gleichzeitig versucht wurde, das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft und der lokalen Bevölkerung zu wahren. Es war vereinbart, dass dieses System für mindestens 50 Jahre nach der Übergabe bestehen bleiben würde, was bedeutet, dass Hongkong und Macau bis mindestens 2047 bzw. 2049 ihre eigenen Systeme beibehalten können.

Allerdings hat das Konzept von „Ein Land, zwei Systeme“ im Laufe der Jahre erhebliche Herausforderungen erfahren. Insbesondere in Hongkong gab es in den letzten Jahren wachsende Spannungen und Proteste gegen das, was viele Einwohner als Erosion ihrer Autonomie und Freiheit durch die Zentralregierung in Peking sehen. Die Einführung des nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong im Jahr 2020 durch die chinesische Regierung wurde von vielen als bedeutender Eingriff in die vereinbarte Autonomie und als Verletzung des Prinzips „Ein Land, zwei Systeme“ wahrgenommen. Das Konzept bleibt umstritten und ist eine Quelle politischer Spannungen. ■