Auf gesetzlich Krankenversicherte kommen weit höhere Kosten zu: Der durchschnittliche Zusatzbeitrag soll laut Experten im kommenden Jahr um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent steigen. Das wäre der höchste Anstieg bei den Krankenkassen-Zusatzbeiträgen, den es je gegeben hat.
Die Experten des sogenannten Schätzerkreises haben eine rechnerisch nötige Beitragssatzerhöhung bei den Krankenkassen um 0,8 Punkte auf 2,5 Prozent vom beitragspflichtigen Einkommen ermittelt, wie das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) in Bonn mitteilte. Bei dem Wert handelt es sich allerdings nur um eine theoretische Größe. Wie sehr der Beitragssatz dann wirklich steigt, entscheidet jede Krankenkasse für sich.
Konkret geht es um den Anstieg des sogenannten Zusatzbeitrages. Alle gesetzlich Versicherten haben den festen Beitragssatz von 14,6 Prozent - zur Hälfte getragen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Darüber hinaus erheben die aktuell 95 gesetzlichen Kassen zur Kostendeckung einen Zusatzbeitrag, der ebenfalls hälftig von beiden Seiten gezahlt wird. Der Zusatzbeitrag ist unterschiedlich und liegt laut einer ständig aktualisierten GKV-Liste im Moment zwischen 0,7 und 3,28 Prozent.
Bei 3000 Euro brutto 12 Euro weniger netto
Die Prognose des Schätzerkreises ist nach GKV-Angaben eine theoretische Größe, die sich aus dem Verhältnis von laufenden Einnahmen und Ausgaben der Krankenkassen insgesamt ergibt. Die Ausgaben der Krankenkassen im Jahr 2025 werden demnach mit 341,4 Milliarden Euro veranschlagt. Auf Basis dieser Schätzung gibt das Gesundheitsministerium bis zum 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag für das kommende Jahr bekannt.
Deshalb lassen sich jetzt noch keine genauen Angaben zur tatsächlichen Höhe der Kosten für den Einzelnen machen. Rechnerisch würde eine Erhöhung um 0,8 Prozentpunkte bei einem Einkommen von 3000 Euro brutto im Monat 12 Euro weniger netto bedeuten - die anderen 12 zahlt der Arbeitgeber. Erhöht eine Kasse den Zusatzbeitragssatz, haben die Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht.
Finanzlage bei Krankenkassen angespannt
Die Kassen hatten schon Anfang September gewarnt, dass ihre Ausgaben im ersten Halbjahr noch stärker gestiegen seien als im ersten Quartal. Das Defizit sei auf mehr als 2 Milliarden Euro angewachsen und werde im Gesamtjahr bis zu 4,5 Milliarden Euro erreichen.
Für eine auskömmliche Finanzierung hätte der Zusatzbeitrag für das laufende Jahr im Herbst letzten Jahres nicht bei geschätzten 1,7, sondern bei 2 Prozent liegen müssen, kritisierte der GKV-Spitzenverband. Er hatte außerdem mitgeteilt, dass er für 2025 von einem Zusatzbeitragssatz von mindestens 2,3 Prozent ausgeht.
Lauterbach: Gesundheitssystem nicht effizient
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) teilte in einer ersten Reaktion mit: „Das deutsche Gesundheitswesen ist das teuerste in Europa, weil es in vielen Bereichen nicht effizient ist.“ Eine wesentliche Ursache für die steigenden Kassenbeiträge seien im Rekordtempo steigende Ausgaben für Krankenhäuser. „Deswegen brauchen wir die Krankenhausreform“. Diese soll am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden und die Finanzierung der Kliniken im Land auf eine neue Grundlage stellen. Die Prognose des Schätzerkreises zeige die Notwendigkeit der von der Bundesregierung eingeleiteten Strukturreformen, sagte Lauterbach.
Auch Pflegeversicherung in der Krise
Nicht nur die Krankenkassenbeiträge steigen voraussichtlich an, auch die Pflegeversicherung hat Finanzprobleme. Wie kürzlich berichtet wurde, wird hier in der Regierung von einem Erhöhungsbedarf des Beitragssatzes von 0,25 bis 0,3 Punkten ausgegangen.
Auf der anderen Seite sind aber Entlastungen bei der Einkommensteuer geplant. Der sogenannte Grundfreibetrag - also der Teil des Einkommens, der nicht besteuert wird - steigt im kommenden Jahr. Um wie viel genau ist in der Regierung noch umstritten.
„Bild“ hatte unter Berufung auf eine Berechnung des Bundes der Steuerzahler berichtet, dass Pläne, die Finanzminister Christian Lindner (FDP) dazu vorgelegt hat, für einen Single mit 3000 Euro brutto im Monat etwa 11,40 Euro mehr netto bedeuten würden. Für eine Vier-Personen-Familie mit 6000 Euro brutto pro Monat wären es demnach 23,50 Euro monatlich mehr. ■