„Ich halte 20 Filialen für eine realistische Zahl. Alles, was darüber hinausgeht, ist ein Zugeständnis an den Insolvenzverwalter, damit man den Zuschlag bekommt und die Häuser für eine gewisse Zeit weiterbetreibt“, sagte der Professor für Unternehmensführung im Handel an der Hochschule Worms.
Nach einer Übergangszeit sei davon auszugehen, dass die Investoren weitere Filialen dichtmachten und nur die wirklich profitablen Standorte weiterbetrieben, so Funder. Aus seiner Sicht könnte es bei den Schließungen vor allem Filialen in kleineren Städte treffen. „Warum sollte man in einer Mittelstadt mit 100.000 und weniger Einwohnern ein Warenhaus betreiben? Ich glaube, das wird zunehmend schwierig.“
Der Galeria-Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus strebt unterdessen eine Übernahme von mindestens 60 Filialen an. Am Mittwoch sprach er am Konzernsitz in Essen sogar von 70 der insgesamt 92 Filialen. Denkhaus: „Wir können die große Mehrheit der Arbeitsplätze retten. Das sind viele Tausend Mitarbeiter, die auch künftig in ganz Deutschland für ihre Kunde das sein werden.“
Bereits am Dienstag war bekannt geworden, dass ein Konsortium aus der amerikanischen Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz Galeria übernehmen will. NRDC gehört dem Unternehmer Richard Baker, der auch die Mehrheit am kanadischen Warenhausunternehmen Hudson’s Bay Company (HBC) besitzt. Über HBC war er zwischen 2015 und 2019 bereits Eigentümer von Kaufhof. Nach Informationen der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung will das Konsortium „mehr als 70“ der 92 Filialen erhalten. Die Süddeutsche Zeitung berichtete ebenfalls von „gut 70“ Filialen.
Funder erwartet dagegen nicht, dass die neuen Eigentümer das Warenhausunternehmen zurück in die Erfolgsspur führen können. „Wir wissen noch nichts über ihr Konzept, aber es scheint mir eher so eine Glücksritternummer zu sein. HBC hat sich damals nicht mir Ruhm bekleckert und ist mit der reinen Übernahme von Marken aus dem Ausland gescheitert.“
Experte: Galeria muss Filialen umbauen und braucht ein neues Konzept
Laut Funder benötigt Galeria einen Umbau der Filialen und ein neues Konzept. Ein zentrales Warenhausmodell mit 50 bis 60 Standorten sei schwierig umzusetzen. „Dafür braucht es mehr Personal, mehr Service, mehr Marken und mehr Erlebnis. Das gibt es nicht per Handauflegen. Man muss viel Geld investieren. Ich bin aber nicht sicher, ob die neuen Eigentümer das wollen“, sagte er.
Galeria betreibt in Deutschland 92 Kaufhäuser und beschäftigt nach eigenen Angaben mehr als 15.000 Mitarbeiter. In Berlin gehören dazu die Galeria-Standorte am Alexanderplatz, am Hermannplatz, am Kudamm, im Ring-Center, in der Schloßstraße, in Spandau, Tegel und Tempelhof. Das KaDeWe ist von den Verkaufsplänen nicht betroffen. Es gehört zwar zum insolventen Signa-Reich des österreichischen Investors René Benko, ist aber nicht mehr Teil von Galeria Karstadt Kaufhof. ■