Bei sogenannten Eritrea-Festivals gab es in der Vergangenheit immer wieder schwere Ausschreitungen mit vielen Verletzten, darunter zahlreiche Polizisten. Am Mittwoch schlugen deutsche Sicherheitsbehörden zurück, gingen bei einer Großrazzia gegen eritreische Regierungsgegner vor. Sie stehen in Verdacht, für die Gewalt verantwortlich zu sein. Es bestehe der Verdacht der Gründung und Mitgliedschaft in einer inländischen terroristischen Vereinigung, sagt die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Durchsuchungen gegen mutmaßliche Mitglieder der sogenannten Brigade N'Hamedu liefen in sechs Bundesländern und in Dänemark.
Festnahmen seien laut Bundesanwaltschaft bei dem Einsatz nicht erfolgt. Ein Tatverdacht richtet sich demnach gegen 17 namentlich bekannte Beschuldigte, die nach dem Ermittlungsstand leitende Funktionen innerhalb des deutschen Ablegers der Brigade N'Hamedu wahrnehmen sollen.
Internationale Bande setzt auf Gewalt - Krawalle bei Eritrea-Festivals
Den Karlsruher Ermittlern zufolge handelt es sich bei der fraglichen Brigade „um eine international vernetzte Gruppierung, deren erklärtes Ziel es ist, die Regierung in Eritrea zu stürzen“. Deren deutsche Ableger sei spätestens seit 2022 aktiv und verfolge sein politisches Ziel durch „Gewaltaktionen“ gegen von der Regierung des ostafrikanischen Staats unterstützte hiesige Veranstaltungen.
Konkret geht es demnach um den Verdacht, dass Brigadenmitglieder gewaltsame Ausschreitungen bei sogenannten Eritrea-Festivals im niedersächsischen Gießen 2022 und im baden-württembergischen Stuttgart 2023 organisierten. Dabei kam es zu teils massiven Gewaltsausbrüchen. In Stuttgart allein wurden 39 Polizisten und mehrere Festivalteilnehmer verletzt. etwa 230 Menschen wurden festgenommen. Wegen der Krawalle dort wurden bereits erste Beteiligte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
„Einige Mitglieder“ der Brigade N'Hamedu betrachteten „Gewalt gegen deutsche staatliche Institutionen und Repräsentanten der Staatsgewalt“ als „legitimes Mittel“, erklärte die Bundesanwaltschaft. Dies betreffe etwa zum Schutz von Veranstaltungen eingesetzte Polizisten. Bei den „Vorgängen“ in Gießen und Stuttgart seien „zahlreiche Polizeibeamte zum Teil erheblich verletzt“ worden.
An den Durchsuchungen waren den Ermittlern zufolge mehr als 200 Polizisten beteiligt. Acht Razzien erfolgten in Hessen, vier in Nordrhein-Westfalen und drei in Bayern. Zwei Durchsuchungen gab es in Baden-Württemberg sowie jeweils eins in Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz. Eine weitere Razzia in dem Ermittlungskomplex fand zeitgleich zudem im Nachbarland Dänemark statt.
Gewaltsame Ausschreitungen bei Veranstaltungen mit Eritrea-Bezug hatte es in den vergangenen Jahren auch in anderen europäischen Ländern gegeben, etwa in Schweden und in den Niederlanden. Auch dort gab es zahlreiche Verletzte und Festnahmen.
Laut Bundesanwaltschaft wurde erst kürzlich ein weiteres mutmaßliches Mitglied der Brigade N'Hamedu in den Niederlanden wegen Beteiligung an Ausschreitungen in Den Haag im Februar 2024 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Der Beschuldigte soll demnach sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland eine Führungsposition innerhalb der fraglichen Organisation bekleidet haben.
Eritrea ist ein verhältnismäßig junger Staat in Ostafrika. Das Land spaltete sich 1993 nach einem drei Jahrzehnte dauernden Krieg von Äthiopien ab und wurde unabhängig. Das am Horn von Afrika gelegene Land wird seit 1993 von Präsident Isaias Afwerki autoritär regiert und gilt als einer der am stärksten abgeschotteten Staaten der Welt. Bei Pressefreiheit, Menschenrechten und der wirtschaftlichen Entwicklung liegt es im internationalen Vergleich weit hinten. ■